III. Kempten in der Frühen Neuzeit

Die Reichsstadt Kempten in der frühen Neuzeit

Im 18. Jahrhundert bestand die Bürgerschaft der Reichsstadt Kempten aus ungefähr 500 bis 600 Haushaltungen. Die wichtigsten Gruppen waren die Handwerker und die Kaufleute.

Um 1600 lebte ein erheblicher Teil der Kemptener Bevölkerung von der Leinenweberei. Der Niedergang des Handwerks während und nach dem 30jährigen Krieg führte zu einer Verarmung der Weber. Auch die Schneider und Schuhmacher sind überwiegend zum „Handwerkerproletariat" zu rechnen. Bäcker oder Färber konnten sich meist zum bürgerlichen Mittelstand zählen. Nahe an die wohlhabenden Fernhändler heran reichten Wirte und Kramer.

Mit Ausnahme der patrizischen „Burgerstube" war die Bevölkerung der Reichsstadt in acht, seit 1763 in neun Zünften organisiert. Bis zum Beginn der Industrialisierung verteidigten sie hartnäckig ihre Rechte und Gebräuche. Handwerkliche Spitzenleistungen belegen den hohen Stand des Könnens auch in der letzten Phase der Reichsstadtzeit.

Die Vielfalt des reichsstädtischen Handwerks zeigt sich in zeitgenössischen Bürgerlisten.

Der Ausbildungsgang wurde durch die einzelnen Handwerksordnungen festgelegt.

Die städtischen Statuten schrieben außerdem eine bestimmte Zahl von Wanderjahren vor.

Die Anfertigung eines Meisterstücks, die Übernahme der Werkstatt und die Heirat fielen gewöhnlich zeitlich eng zusammen. Erst mit der Niederlassung als Meister wurde der junge Handwerker zu einem vollberechtigten Zunftgenossen und Bürger:

Er erhielt die Erlaubnis zur Eheschließung und konnte städtische Ämter übernehmen.

Zunfttafel
Zunfttafel der Bäcker und Müller
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Die Kaufleute

Bedeutsam war die soziale und politische Rolle der Kaufmannschaft in der Reichsstadt. Kempten war nach dem 30jährigen Krieg eine Stadt, die vor allem vom Handel lebte.

Im Nahraum versorgten Schranne und Markt die ländliche Bevölkerung. Der Fernhandel orientierte sich nach der Schweiz und nach Oberitalien hin. Wichtige Handelsgüter waren Salz, Leinen, Baumwolle sowie Pelz- und Lederwaren.

In der Kramerzunft und der „Burgerstube" waren Kaufleute und Fernhändler vereinigt. Sie besetzten die wichtigsten Ämter der Reichsstadt, saßen im Rat und stellten die Bürgermeister.

Unter den Patrizierfamilien, die den größten Einfluß besaßen, sind die König und die Jenisch hervorzuheben.

Beide waren führend im Geschäft mit Leinen tätig. Zur Ausbildung schickten sie ihre Söhne nach Venedig und an andere wichtige Handelsplätze.

In der Stadt errichteten sie herrschaftlich ausgestattete Häuser, und in der Umgebung besaßen sie Landgüter. Ihren gesellschaftlichen Rang festigten die König und die Jenisch durch den Erwerb von Adelsdiplomen im 18. Jahrhundert.


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