Sulzbach-Rosenberg – die Hauptstadt „Neuböhmens“

Kaiser Karl IV. (1316–1378) bestimmte die Goldene Straße zur Reichsstraße und verband so seine luxemburgischen Stammlande mit seinem Königreich Böhmen. Um zu gewährleisten, dass diese Landbrücke auf seinem Territorium verlief, erwarb er große Gebiete in der Oberen Pfalz. Mit diesem „Neuböhmen“ schuf er den Ansatz eines ersten modernen Staates im mittelalterlichen Reich. Als Glücksfall für Sulzbach erwies sich 1353 ihre Verpfändung durch Pfalzgraf Rudolf II. an Kaiser Karl IV., der die Stadt zur Hauptstadt „Neuböhmens“ (1353–1373) machte. In den zwanzig Jahren seiner Herrschaft förderte er die Stadt und ihre Bürger mit zahlreichen Privilegien. Kaiser Karl IV. weilte, zählt man alle Tage seiner Besuche zusammen, fast ein halbes Jahr in Sulzbach. Seinem Sohn Wenzel verlieh er Wappen und Titel eines Grafen von Sulzbach.
Unter Karl IV. war die Burg Sulzbach Sitz des obersten Hauptmanns, des Landrichters und des Landschreibers. Sie war schon weitgehend in der Form ausgebaut, die auch heute noch im Grundriss ablesbar ist. Um 1346 entstand der gotische Chor der Kapelle St. Nikolaus. Die Kanzlei wurde nach 1354 errichtet. Unter Karl IV. kann man der Sulzbacher Burg fast die Funktion einer Kaiserpfalz zugestehen, wenn man bedenkt, dass er an mindestens 89 Tagen in Sulzbach Urkunden ausstellte.
Im 14. Jahrhundert vergrößerte sich die Altstadt auf etwa das Dreifache ihrer ursprünglichen Fläche. Bis heute prägen Bauwerke aus der Zeit Karls IV. das Stadtbild.
Als Sulzbach 1353 Hauptstadt Neuböhmens wurde, begann ein intensiver Kirchenbau, unter anderem der Neubau der Stadtpfarrkirche St. Marien. Im März 1355 sandte Kaiser Karl IV. aus Pilsen wertvolle Reliquien „zur zierhait derselben Pfarr“. Schon bald wurde der Chor errichtet, der sich in seinem Äußeren fast unverändert erhalten hat und den die Figur des böhmischen Nationalheiligen Wenzel mit den Porträtzügen Karls IV. ziert.
Am Westhang des Schlossbergs liegt an der Nürnberger Straße die alte, wohl um 1366 errichtete ehemalige Spitalkirche St. Elisabeth. Nach 1802 wurde das Spital auf den Bühl verlegt, die Gebäude sind heute in Privatbesitz und die alte Spitalkirche dient als Scheune und Gastronomie. Ihr Inventar gelangte in die jetzige Spitalkirche, darunter eine qualitätvolle Holzplastik des hl. Wenzel aus dem späten 15. Jahrhundert. Trotz vieler Eingriffe blieb der mittelalterliche Kirchenbau in seiner Substanz bewahrt, so sind teilweise Maßwerkfenster und gotische Gewölbe erhalten.
Das Gasthaus „Zur Goldenen Krone“ wurde in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erbaut und war ehemals Domizil des kaiserlichen Posthalters. Angeblich soll hier Karl IV. abgestiegen sein. Drei Steintafeln an der Ostwand des Gasthauses erinnern an seine Regentschaft: der weiße böhmische Löwe und zwei schwarze Adler.

Stadtmuseum Sulzbach-Rosenberg
In zwei spätmittelalterlichen Gebäudekomplexen aus der neuböhmischen Zeit ist das Stadtmuseum untergebracht. In seinen verwinkelten Räumlichkeiten und den beiden Innenhöfen lebt vergangene Wohnkultur wieder auf. In der Abteilung Bergbau und Maxhütte wird die Geschichte des Erzabbaus und der Verhüttung dargestellt. Hier wird vom 9. Juni bis 30. September 2007 die Sonderausstellung „Eisen und Erze entlang der Goldenen Straße. Sulzbach – vom Ruhrgebiet des Mittelalters zur Maxhütte“ gezeigt.
Außerdem werden geologisch-industriegeschichtliche Exkursionen „Eisen und Erze entlang der Goldenen Straße“, „Entlang der Bayerischen Eisenstraße“ und Stadtführungen „Sulzbach als Hauptstadt Neuböhmens an der Goldenen Straße“ angeboten.

Tourist-Info Sulzbach-Rosenberg, Tel. +49(0)9661/510110, www.sulzbach-rosenberg.de
Stadtmuseum Sulzbach-Rosenberg, Neustadt 14–16, 92237 Sulzbach-Rosenberg, Tel. +49(0)9661/510131, Fax +49(0)9661/811000, Mi–Fr, So 9–12 Uhr, 13.30–16.30 Uhr, Sa 13.30–16.30 Uhr

Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg
Der in Sulzbach-Rosenberg geborene Literaturwissenschaftler und Autor Walter Höllerer (1922–2003) schuf die Grundlagen für das weithin bekannte Literaturarchiv. Der Briefwechsel mit bedeutenden zeitgenössischen Autoren bildet das Kernstück der Sammlung, ergänzt durch umfangreiche Materialien aus den literarischen Aktivitäten des seiner Heimat verbundenen Oberpfälzers. Archiv und Ausstellung eröffnen einen Blick auf die deutschsprachige Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur. Zu sehen sind unter anderem die Erstfassung der „Blechtrommel“ von Günter Grass als Typoskript, Briefe von Ingeborg Bachmann, Heinrich Böll, Thomas Mann und vielen anderen.
Kontakte zwischen deutschen und tschechischen Autoren gab es vor allem in der Zeit des Prager Frühlings bis zum Fall des Eisernen Vorhangs 1989. Das Archiv bewahrt Dokumente von Jiři Gruša, Josef Hruby aus Pilsen, der in Böhmen geborenen Barbara König und zahlreichen weiteren Autoren.
Als lebendiges Literaturhaus mit einer breiten Palette an Veranstaltungen (Lesungen, Symposien, Ausstellungen, thematischen Führungen) organisiert das Literaturarchiv auch grenzüberschreitende Projekte wie literarische Wanderungen mit bayerischen und tschechischen Autoren und deutsch-tschechische Autorentage.

Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg, Rosenberger Straße 9, 92237 Sulzbach-Rosenberg, Tel. +49(0)9661/2659, www.literaturarchiv.de, Di–Fr 9–17 Uhr, So 14–17 Uhr


Schloss Sulzbach von oben.

Weißer böhmischer Löwe. Steintafel an der Ostwand des Gasthauses zur Goldenen Krone.

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