Previous Page  25 / 72 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 25 / 72 Next Page
Page Background

186

bier in bayern

E

s war vielleicht die „Rohheit“ der nie-

derbayerischen Burschen, die Anlass

gab für diese bisher allein für Niederbayern

bekannteWirtshausordnung, die am 19. Ja-

nuar 1853 als „Außerordentliche Beilage“

zum „Intelligenz-Blatt von Niederbayern

Nro. 5“ veröffentlicht wurde. Diese Ord-

nung regelte in elf Punkten im Detail das

niederbayerische Wirtshausleben, von der

Polizeistunde und ihrer Befolgung bis zum

Führen des Fremdenbuchs, von verbote-

nem Glücksspiel bis zur Beantragung von

Tanzmusiken. Ein wesentlicher Teil der

Ordnung befasste sich jedoch mit Raufe-

reien, mit „größeren Wirtshausexcessen“,

die mit hohen Strafen belegt wurden. Die

Wirtshausordnung war die Konsequenz aus

einer Reihe vonVorfällen, die der Polizei-

bericht als „Rohheitsdelikte“ bezeichnete:

Oft trugen die ledigen Burschen ganzer

Dörfer blutige Kämpfe gegeneinander aus.

Kirchweihfeiern und Jahrmärkte boten

meist die einzige Vergnügungsmöglichkeit

für junge Leute. Es kam immer wieder zu

schweren Körperverletzungen bis hin zu

Todesfällen. Den jungen Burschen sei, so

der niederbayerische Regierungspräsident

1850, durch die Abschaffung der Prügel-

strafe „die Furcht vor der obrigkeitlichen

Strafgewalt“ abhandengekommen. Da die

körperliche Züchtigung aber im fortschritt-

lichen Bayern nicht mehr erlaubt war, griff

der Staat zu anderen Mitteln der Domesti-

zierung. Eine zentrale Rolle spielten dabei

dieWirte: Sie sollten ihr Hausrecht ausüben

und Raufereien im Keim ersticken.Wenn

alles nichts half, so drohten den rauflusti-

gen Burschen zunächst ein 14-tägiger Arrest

und dann ein Wirtshausverbot von einem

halben, bei einem zweiten Rückfall von

einem ganzen Jahr. Damit wurden ihnen

die Bühne und das Publikum für ihre Posi-

tionskämpfe entzogen.DasWirtshausverbot

stellte eine harte Strafe dar, kam es doch

einem Ausschluss aus dem sozialen Leben

gleich. Die Anzahl der gemeldeten Rauf-

händel ging nach Erlass der Wirtshausord-

nung merklich zurück.

M.K.

Lit.:

Krauss, Herrschaftspraxis

In Niederbayern versuchte man der

Wirtshausraufereien mithilfe einer

straf bewehrten Ordnung Herr zu werden.

057