Biografien > Carl Bayer 4/7

Carl und Josephine legten ein Haushaltsbuch an, in dem akkurat die Ausgaben für Lebensmittel und Miete aufgelistet wurden. Der erste Eintrag vom April 1927 stammt von der Hand Josephines, den letzten schrieb Carl sieben Monate nach ihrem Tod im Juni 1937. Neben dem Einblick in die Ernährungsgewohnheiten deutscher Einwanderer ist vor allem die sich wandelnde Sprache interessant: Am 23. Dezember 1927 kauften sie der Landessitte folgend „1 Puter (Göger) (5 ¾ lbs.), 1 beutel potatoes, 1 dz. oranges & vegetables, Groceries & bread“. Für Silvester sind „Wurst & Sauerkraut, Limburger & Bohnen, Fleisch, Bread, starch & sugar“ vermerkt.

Carl wurde 1929, im Jahr der Weltwirtschaftskrise, amerikanischer Staatsbürger. Auch in Rochester waren deren Auswirkungen spürbar - für Carl offenbar Anlass, den starken Dollar für eine Deutschlandreise zu nutzen.1930 überquerte er mit Josephine, sieben Jahre nach seiner Auswanderung, den Atlantik in umgekehrter Richtung. Wahrscheinlich ist die Zither, die sich in Carls Nachlass fand, ein Mitbringsel von der ersten Deutschlandreise im Jahr 1930. Sie führte das junge Paar auch in die bayerischen und österreichischen Berge. Auf der Reise erwarb Carl bei einem Besuch in München einen Kasten mit Reißzeug der renommierten Allgäuer Firma Riefler. Für ihn, der die Entwürfe neuer feinmechanischer Systeme zeichnerisch ausarbeitete, war präzis funktionierendes Handwerkszeug besonders wichtig. Laut Kaufbeleg kostete der Zirkelkasten 73,95 Reichsmark, nach offiziellem Kurs 17,61 Dollar.

Die Deutschamerikaner Carl & Josephine versäumten es bei ihrem Aufenthalt in München nicht, das berühmte Vergnügungslokal „Platzl“ zu besuchen, in dem Stars wie Bally Prel, Weiß Ferdl und Eringer Seppl auftraten. Wohl zum Mitsingen wurde an die Gäste ein kleines Liederheft mit Texten deutscher Volkslieder verteilt, das Carl zeitlebens aufbewahrte. Auch ein paar Münzen blieben von dieser Urlaubsreise zurück.

 

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