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Historische Wirtshäuser -> Gasthaus Huber

Gasthaus Huber in Münchham

Das kleine Kirchdorf Münchham liegt nur wenige Kilometer vom Inn entfernt in einer Mulde des Kirnbachtals inmitten der südlichen Ausläufer des sanften Hügellandes zwischen Rott und Inn, auf halber Höhe zwischen Burghausen und Passau. Für das langgestreckte Dorf, dessen Ursprünge weit in die Agilolfingerzeit zurückreichen, führt das 1867 erschienene Topographischstatistische Handbuch des Königreichs Bayern 173 Einwohner auf, verteilt auf 53 Gebäude, darunter eine Kirche, eine Schule und ein Wirtshaus. Letzteres, bereits im 15. Jahrhundert nachweisbar, stand zunächst südlich der Kirche, auf der östlichen Seite der durch Münchham führenden „Vicinalstraße“; als Verkehrsweg zweiter Ordnung sorgte diese für die nötige Laufkundschaft.

Mitte des 18. Jahrhunderts wurde dieses Gasthaus aufgegeben und ein neues auf der gegenüberliegenden Straßenseite erbaut, jetzt in auffälligerer Lage an einer Biegung der Hauptstraße, die hier ein leichtes Gefälle aufweist. Das heute nebenerwerbsmäßig betriebene Gasthaus Huber, seit 1793 in Familienbesitz, ist ein zweigeschossiger, massiver Blockbau mit flachem Satteldach. Das breit gelagerte, durch seine einheitlich dunkle Erscheinung bereits von außen imponierende Gasthaus ist an seiner Längsseite zur Gänze verschindelt; die zur Straße hin gewandte Giebelseite verfügt im Erdgeschossbereich noch über einfache Kreuzstockfenster der 1930er Jahre. Über einen Treppenaufgang – der Huberwirt ist deswegen auch unter dem Namen „Staffewirt“ bekannt – gelangt der Besucher vor die (erneuerte) Gasthaustüre und tritt ein in eine andere Welt. Links führt eine einfache Holztüre in die niedrige Gaststube, die durch eine mit zum Teil farbigen Glasscheiben durchsetzte Fensterwand vom im 20. Jahrhundert errichteten Saal abgetrennt ist.

Höhepunkte der historischen Ausstattung der Gaststube sind zweifellos die nahezu schwarze, von mehreren Unterzügen getragene Holzbalkendecke des 18. Jahrhunderts sowie die neben der Küchentüre platzierte frühbiedermeierliche Standuhr, die wohl schon 1793 hier in der Gaststube aufgestellt wurde. Die halbhohe Wandvertäfelung, das Gläserbuffet sowie nahezu das gesamte Mobiliar stammen aus der letzten umfassenden Modernisierungsphase in den Jahren 1952/53, tragen jedoch in ihrer der alten Stube angepassten Einheitlichkeit maßgeblich zum authentischen Ambiente bei. Auch der Schankeinbau im Jahr 2000 durch die Löwenbrauerei Passau sowie die Erneuerung des Dielenbodens durch die Familie (zum Glück wieder in Holz, man stelle sich in dieser Umgebung einen Fliesenboden vor!) wurden mit viel Gespür und größter Behutsamkeit vorgenommen.

Unter den verschiedenen, allesamt erwähnenswerten Ausstattungsstücken seien hervorgehoben der einfache, nach wie vor seiner eigentlichen Bestimmung nachkommende Holzofen von 1946/48, eine seinerzeit den modernsten Stand der Technik verkörpernde Radio- und Plattenapparatur der Firma Loewe Opta aus dem Jahr 1948 – durch einen geschickten Fallmechanismus konnten mehrere Schallplatten hintereinander abgespielt werden – sowie eine Tischkegelbahn aus der Zeit um 1870. Hergestellt wurde diese für ein bayerisches Wirtshaus wohl einmalige Kuriosität, die sich unter einer abnehmbaren Tischplatte verbirgt und noch immer funktionsfähig ist, von einem französischen Soldaten, der aus unbekannten Gründen hier in Münchham hängengeblieben war.

Das Gasthaus Huber in Münchham verkörpert auf einzigartige Weise ein Wirtshausmilieu, wie es in Bayern nur noch selten anzutreffen ist. Der „Staffewirt“ bietet ein nostalgisches Erlebnis der besonderen Art; nicht von ungefähr diente die Wirtsstube schon manchem Produzenten bayerischer Heimatfilme als willkommene Kulisse.

Alexa Gattinger