Ein Mönchsleben
 
Dem jungen Mann, der mit einigen Altersgenossen schüchtern vor den beiden Mönchen stand, klopfte das Herz bis zum Halse. Jetzt wurde es also ernst! Er würde in die Gemeinschaft des Klosters aufgenommen werden. Zwar nur auf Probe, aber immerhin, sein Leben würde sich ganz schön verändern.
Am Abend vorher war er noch einmal durch die väterliche Brauerei gegangen, noch einmal durch das Städtchen Friedberg spaziert, in dem er vor 17 Jahren geboren worden war. Er war sich nicht sicher, ob die Eltern seinen Entschluss so ganz billigten.
Aber schließlich war schon lange klar, dass er niemals im Einkauf von Hopfen und Malz, im Maischerühren und im Sieden von Bier seine Zukunft sehen würde. Trinken - ja, aber machen? Nein! Als sich herausstellte, dass er eine rasche Auffassungsgabe besaß und eifrig und wissbegierig lernte, war er zu den Jesuiten nach Augsburg ins Gymnasium gekommen. Was er während seiner Schulzeit vom mönchischen Leben mitbekommen hatte, hatte ihm so gut gefallen, dass er schließlich zu der Überzeugung gelangt war: Ich will ein Mönch werden!
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So hatte er denn am Morgen dieses Oktobertages 1765 von seiner Familie Abschied genommen; traurig war´ s, denn er würde sie in Zukunft kaum noch sehen, aber er freute sich doch auf das, was vor ihm lag.
Ja, und nun war er hier. Und nun kamen die Zweifel. Auf eine eigene Familie verzichten. Eine feste Tagesordnung einhalten. Disziplin und Gehorsam über alles stellen. War es wirklich das, was er sich wünschte? Selten hatte er sich so unsicher gefühlt. Er sah seinen Mitbrüdern in die Gesichter. Ob es denen wohl ähnlich ging? Aber im Moment hatte es keinen Zweck, zu grübeln. Er nahm sich zusammen und schaute auf die beiden Mönche, von denen einer, der Pater Prior, eben zu sprechen anfing - o weh, auf Latein, da hieß es aufpassen! "Liebe Mitbrüder", sagte der Prior, "ihr seid nun als Novizen in Benediktbeuern, um den Alltag bei uns kennenzulernen und die Ernsthaftigkeit eures Entschlusses zu überprüfen. In einem Jahr wird man euch fragen, ob es euch ernst ist mit eurer Berufung. Dann werdet ihr, wenn ihr euch bewährt habt, die Profeß ablegen. Von da an gibt es dann kein Zurück mehr, ihr seid lebenslang mit unserem Orden verbunden.
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