Lehrer-Info
für die Landesausstellung: Ein Herzogtum und viele Kronen. Coburg in Bayern und Europa

Ausstellungsteil Veste Coburg

Die Veste Coburg

Die Veste Coburg (Luftbildaufnahme, 40 KB), auf einer Berghöhe über Coburg gelegen, gehört zu den größten Burganlagen Deutschlands. Die ältesten Bauteile stammen aus dem 12. Jahrhundert. Bis 1248 war die Burg im Besitz der Herzöge von Andechs-Meranien, ihnen folgten die hochfreien Grafen von Henneberg. 1353 fiel die Veste als Erbschaft an den Markgrafen Friedrich den Strengen von Meißen aus dem Haus Wettin und wurde Residenzburg dieses sächsischen "Ortlandes in Franken". Die Burg diente der Absicherung von Zoll- und Herrschaftsrecht, nicht zur militärischen Kontrolle der Straße. Bei der Erbteilung 1485, bei der sich die Wettiner in die Ernestinische Linie zu Wittenberg und die Albertinische Linie zu Leipzig und Dresden spalteten, kam die Veste Coburg wie auch der thüringische Besitz an die Ernestinische Linie.

Zu dieser Zeit stand bereits das Hohe Haus mit seinem riesigen Steildach, der einzige in seiner Substanz fast unveränderte Bau der heutigen Anlage. Die heutige Umwehrung dürfte noch dem ursprünglichen Verlauf entsprechen. Während man jedoch heute die Burg vom Südosten her betritt, erfolgte damals der Zugang zur Burg von Westen her durch den sogenannten Blauen Turm.

Nach einem Brand wurden zwischen 1501 und 1508 Fürstenbau und Burgkapelle neu errichtet. Die Große Hofstube, der Bankettsaal im ersten Stock der sogenannten Steinernen Kemenate, wurde ebenfalls zwischen 1501-1504 erneuert.

Unter Herzog Johann Casimir (1564-1633) wurde die Veste Coburg zur Festung umgebaut. Er selbst zog in das kurz zuvor neu errichtete Stadtschloß, die Ehrenburg. 1614 wurde die äußere Umwehrung aufgebrochen und mit den beiden Südbasteien Bunter Löwe und Rautenkranz sowie der westlichen Bärenbastion ein neues Befestigungssystem geschaffen. 1669 und 1671 versah man den Südostzugang mit zwei neuen Portalen, darunter das äußere Prachtportal.

Im 18. Jahrhundert geriet die Burganlage allmählich in Verfall, nach 1782 diente sie als Zuchthaus, als Kranken- und Irrenanstalt. 1872 wurden Festungswall und Festungsgraben eingeebnet.

Im Zuge der romantischen Neubewertung des Mittelalters und seiner Burgen ließen Herzog Ernst I. und später sein Sohn Ernst II. ab 1838 die Wohnräume im Fürstenbau und in der Steinernen Kemenate im neugotischen Stil zur Aufnahme von Altertümer und Waffen umgestalten. Außerdem wurden die alten Überdachungen, Mauerkronen und Fachwerkbauten ab-getragen, die Kapelle nach Abbruch neu gebaut (zwischen 1847 und 1851) und ein neuer hoher Torturm hochgezogen. Bis 1860 war eine turm-, erker- und zinnenreiche Burgkulisse entstanden. Großen Einfluß auf den gesamten Umbau hatte der Architekt und Förderer altdeutscher Baukunst, Karl Alexander von Heideloff. (vgl. auch Kat.-Nr. 8.23).

In den Räumen wurden Waffen aus den Beständen des Zeughauses, Prunkkutschen der Renaissance und Turnierschlitten aus dem 17./18. Jahrhundert präsentiert. Um 1830 war bereits das getäfelte Prunkzimmer des Schlosses Ehrenburg aus der Zeit Johann Casimirs in die Veste eingebaut worden (vgl. Abt. 2).

Die "Lutherzimmer" im 1. Stock waren einst der Gästetrakt der fürstlichen Wohn-räume im Fürstenbau. Sie wurden dem Andenken an Luthers Aufenthalt auf der Veste Coburg (24. April bis 4. Oktober 1530) gewidmet. Die Zimmer wurden allerdings von Luther selbst nicht so genutzt, wie sie im 19. Jahrhundert eingerichtet wurden.

Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts kam in die "Herzogliche Kunst- und Antiquitäten-Sammlung" auf der Veste zusätzlich das Kupferstichkabinett Herzog Franz Friedrich Antons mit seinen 300 000 Blatt, sowie die Autographen-Sammlung Ernst I. und Alberts, außerdem ein Münzkabinett mit 20 000 Münzen und Medaillen, 1860 die sogenannte Türkenbeute des Prinzen Friedrich Josias und die umfangreiche Waffen-sammlung seines Sohnes. Die Bedeutung der Veste mit ihren Sammlungen bewog Ernst II. 1853, sie dem Ausschuß für die Errichtung eines Germanischen Nationalmuseums anzubieten, was aber abgelehnt wurde. Im Jahr 1900 wurden die Bestände des Museums noch einmal um eine einzigartige Sammlung erweitert, als die Witwe Herzog Alfreds seine venezianischen Gläser den Kunstsammlungen stiftete

Alfreds Nachfolger Carl Eduard ließ zwischen 1906 und 1924 die neugotischen Veränderungen Heideloffs an der Burganlage durch den Burgenforscher und Architekten Bodo Ebhard wieder beseitigen. Auch dieser Umbau ist heute umstritten. Er wollte der Burg vor allem wieder ihren Festungscharakter geben. Dazu versah er die Mauerkronen mit gedeckten Wehrgängen, Schießscharten und Pechnasen. Auch der Fürstenbau mit den herzoglichen Wohnräumen ist in seiner heutigen Gestalt weitgehend das Werk Bodo Ebhards. Jetzt entstanden der Rote Turm, die Burgschänke und das Gästehaus sowie der sogenannte Carl-Eduard Bau. Hier ist der Eingang zu den Kunstsammlungen bzw. zur Landesausstellung.

Der Herzogliche Marstall mit Prunkwagen und Schlitten, die Rüstkammer und Jagdwaffen-halle sind heute im sogenannten Herzoginbau untergebracht, der im 16. Jahrhundert als Schaf- und Kornhaus errichtet wurde.

Eigentümerin der Veste und der darin befindlichen Sammlungen ist heute die Coburger Landesstiftung. Der Unterhalt der Gebäude ist Aufgabe des Freistaats Bayern. Diese Regelung ist eine Folge des Abfindungsvertrags zwischen dem Herzog und dem damaligen Freistaat Coburg vom 7.6.1919 und des Staatsvertrags zwischen dem Frei-staat Bayern und dem Freistaat Coburg vom 9.8.1919.


1. Das Haus Sachsen-Coburg. Eine europäische Dynastie
Veste, Steinerne Kemenate, Erdgeschoß

Die Notwendigkeit für regierende Geschlechter, ihre Nachkommen standesgemäß zu verheiraten, begründete auch den Aufstieg des Hauses Coburg zu europäischer Bedeutung. Allerdings hielt sich der tatsächliche politische Einfluß des Hauses in Grenzen und beschränkte sich zumeist auf familiäre Beziehungen.

Die Coburger Herzöge entstammten einem der ältesten deutschen Adelsgeschlechter, dem Haus Wettin. Dieses Geschlecht hatte sich 1485 in die beiden Hauptlinien der Albertiner und Ernestiner aufgespalten. Weitere Erbteilungen führten bei der ernestinischen Linie zu zeitweilig acht Nebenlinien. Eine davon herrschte über das machtpolitisch recht unbedeutende Fürstentum (seit 1807 Herzogtum) Coburg. Von hier aus reiste Herzogin Auguste Caroline Sophie im Jahr 1795 auf beschwerlichen Wegen mit drei Töchtern nach St. Petersburg an den Hof der russischen Zarin Katharina II. (der Großen), die eine Gattin für einen ihrer Enkel suchte. Ihre Wahl fiel auf die jüngste der Coburger Töchter, die vierzehnjährige Juliane. Seit dem Tag der Hochzeit am 26. Februar 1796 stand das Haus Coburg in verwandtschaftlicher Verbindung zu einem der mächtigsten europäischen Höfe. Auch wenn die Ehe bereits nach sechs Jahren scheiterte und Juliane Rußland verließ, war dies ein wichtiger Schritt in der Coburger Heiratspolitik im 19. Jahrhundert. Noch weitere acht Kinder machten gute Partien: über die beiden ältesten Mädchen ergaben sich Beziehungen zu einer einflußreichen Grafenfamilie in Österreich (Mensdorf-Pouilly) und zum Herzogshaus von Württemberg. Ferdinand heiratete die reiche ungarische Magnatentochter Maria Antonie von Kohary. Für diese Ehe mußte Ferdinand katholisch und Maria Antonie vom Kaiser rangmäßig erhöht werden. Erbprinz Ernst I. heiratete Luise, die Erbprinzessin von Sachsen-Coburg Altenburg. Diese Ehe war nicht besonders glücklich und wurde nach neun Jahren geschieden. Luises Erbe fiel an Ernst I. und es entstand die Personalunion zwischen den Herzogtümern Sachsen-Coburg und Gotha.

Im Gefolge des russischen Zaren Alexander I. reiste Prinz Leopold von Coburg, der Bruder Julianes und Ernsts, 1815 nach England. Hier verliebte sich die englische Thron-folgerin Charlotte in den galanten Coburger Prinzen. Mit der Heirat 1816 faßte das Haus Coburg in England Fuß. Leopold stiftete zwei Jahre später die Verbindung seiner inzwi-schen verwittweten Schwester Victoria mit dem Herzog von Kent. Die gemeinsame Tochter wurde 1837 Königin von England - Queen Victoria. Leopold selbst, dessen Gattin Charlotte schon bei der Geburt ihres ersten Kindes starb, ließ sich 1831 zum König der Belgier wählen und wurde in dieser Position zum wohl geschicktesten co-burgischen "Eheanbahner" im 19. Jahrhundert. Seinen Neffen Ferdinand aus der katholischen Seitenlinie Coburg-Kohary, vermittelte er als Ehemann an Maria II. da Gloria, die portugiesische Königin (1836). Leopold betrieb auch die Verbindung zwischen seiner Nichte, der britischen Königin Victoria und seinem Neffen, dem coburgischen Prinzen Albert (1840). Mit den Kindern und Enkeln, die dieser Ehe entstammten, sowie den Nachkommen aus den weiteren Familienzweigen stellte das Haus Coburg Angehörige von nicht weniger als einundzwanzig Herrscherhäusern, darunter fünfzehn Königshäuser.

Über die älteste Tochter der Queen Victoria entstand die Verbindung zum deutschen Kaiserhaus. Ihr ältester Sohn, der seit 1888 regierende Wilhelm II., unterhielt stets enge persönliche Beziehungen zu seiner Großmutter, der britischen Königin. Seine Schwester Sophie wurde Königin von Griechenland (1889). Der älteste Sohn der Queen, Eduard, wurde König von Großbritannien (1901), dessen Tochter Maud Königin von Norwegen (1896). Über den zweiten Sohn Alfred, seit 1893 Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, war die Verbindung zum russischen Zarenhaus erneut geschlossen worden. Alfred hatte die Zarentochter Marie Alexandrowna geheiratet (1874). Und die Darmstädter Prinzessin Alix, eine Enkelin der Queen von ihrer zweiten Tochter Alice, bestieg 1894 als Gattin von Nikolaus II. den russischen Zarenthron. 1918 wurde Alix - Alexandra Feodorovna - gemeinsam mit der gesamten Zarenfamilie ermordet.

Durch die Heiraten weiterer Enkel der "Großmutter Europas" Victoria ergaben sich auch Familienverbindungen zum rumänischen (1893), schwedischen (1905), spanischen (1906), jugoslawischen (1922) und dänischen (1935) Königshaus. Das portugiesische Haus Braganza stellte den Kaiser von Brasilien (1822). Eine belgische Prinzessin heiratete 1881 den österreichischen Thronfolger Erzherzog Rudolf, der 1889 auf Schloß Mayerling seinem Leben ein Ende setzte. Über die belgische Linie entstand die Verbindung zum italienischen Königshaus (1930).

Aus der Linie Coburg-Kohary wurde 1887 Ferdinand I. von der bulgarischen Sobranje zum Fürsten von Bulgarien berufen. Er war der jüngste Sohn des österreichischen Generals August von Sachsen-Coburg-Kohary und der Tochter des französischen Bürgerkönigs Louis Philippe. 1908 wurde er zum Zaren eines unabhängigen Königreiches Bulgarien gekrönt. 1918 verzichtete er auf den Thron zugunsten seines Sohnes Boris und lebte bis zu seinem Tod 1948 in Coburg.

Die Revolutionen von 1918/19 brachte wie in vielen Ländern Europas das Ende der monarchischen Herrschaft auch in Sachsen-Coburg und Gotha. Für das Haus Sachsen-Coburg bedeutete der Erste Weltkrieg aber auch die Trennung von der englischen Linie. Auf ein von den beiden Landtagen eingebrachtes Gesetz hin, das Mitglieder des Herzogshauses von der Erbfolge ausschloß, sofern sie im Krieg mit dem Deutschen Reich lagen, nannte sich die englische Königsfamilie nach ihrem Hauptwohnsitz in "Windsor" um. Das Gesetz war vom letzten Coburger Herzog Carl Eduard unterschrieben worden, der selbst als englischer Prinz nach Coburg gekommen war, um die Nachfolge seines erbenlosen Onkels Alfred anzutreten - einem britischen Marineadmiral. Eine Epoche dynastischer Beziehungen war damit zu Ende. Undenkbar auch, daß heute, wie noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in St. Petersburg Staatstrauer angeordnet wird, wenn ein deutsches Mitglied des Hauses Sachsen-Coburg stirbt.

Der heutige Chef des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha lebt als Privatmann in Coburg und sorgt vor allem als Forstwirt für den ausgedehnten Waldbesitz der Familie. Sein Vater lebt auf Schloß Greinburg in Österreich, einer weiteren Besitzung des Hauses.

Didaktische Hinweise

In der ersten Abteilung der Ausstellung werden die verschiedenen Linien des Hauses in über 80 Gemälden, Büsten, Fotografien und Postkarten vorgestellt, außerdem werden bei einigen von ihnen auch persönliche Ge-genständen präsentiert. Ein Computerprogramm kann zusätzlich zur Vertiefung herangezogen werden. Zu allen Mitgliedern des Hauses können Informationen zum historischen Hintergrund und zu den Verwandtschaftsbeziehungen abgerufen werden.

Um sich in der Vielzahl der Personen und Herrscherhäuser nicht zu verlieren, sollte man gerade hier beim Besuch mit einer Klasse bereits vorher genau überlegen, welche Aspekte oder Einzelpersonen man vor allem betrachten will.

Folgende Schwerpunkte bieten sich an:

a) Heute lebende Verwandte des Hauses Coburg
z. B. Prinz Charles von England (1.92), Prinz Philipp von Belgien (1.68) und Prinz Andreas von Sachsen Coburg und Gotha (1.43) (alle drei Schirmherren der Ausstellung) der schwe-dische König (1.123), König Juan Carlos von Spanien (1.99), die im Exil lebenden Ex-Monarchen Zar Boris von Bulgarien (1.55) und König Michael von Rumänien (1.110)

b) Die Mitglieder des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha während der als Schwerpunkt gewählten Epoche (z. B. Altes Reich, Anfang oder Ende des 19. Jahrhunderts, 20. Jahrhundert)

c) Besonders qualitätvolle Porträts
z.B. von Malern wie J. Grassi (1-25, Herzogin Louise), Richard Lauchert (1-28, Ernst II.), Ferdinand Krumholz (1-46, Dom Fernando II.), George Dawe (1-59, Princess Charlotte), Franz Xaver Winterhalter (1-73, Prinz Albert, 1-75, Königin Victoria), Heinrich von Angeli (1-86, Edward VII., 1-94, Kronprinzessin Victoria), Friedrich August von Kaulbach (1-93, Friedrich III.)

d) Die Personen des Hauses, die im weiteren Ausstellungsrundgang vorkommen:

Kat.Nr. Kursiv: Herzöge in Coburg, Fett: mehrere Exponate
1.4/6 Johann Casimir (1564-1633) und Anna (1567-1613): Abt. 2
1.13/15 Franz Friedrich Anton (1750-1806) und Auguste Caroline Sophie (1757-1831): Abt. 2 und 5
1.22/25 Ernst I. (1784-1844) und Louise, Prinzessin von Sachsen-Gotha-Altenburg (1800-1831): Abt. 5
1.28/31 Ernst II. (1818-1893) und Alexandrine, Prinzessin von Baden (1820-1904): Abt. 3 und Callenberg
1.33/36 Alfred, Duke of Edinburgh (1844/1893-1900) und Marie, geb. Großfürstin von Rußland (1853-1920): Abt. 5, Callenberg
1.39 Carl Eduard (1884/1905-1954) und Victoria Adelheid, Prinzessin von Schleswig Holstein (1885-1970): Abt. 3, Gebäude Callenberg
1.46 Ferdinand, (Titular)König von Portugal (1816-1885): Callenberg 12
1.56 Leopold I., König der Belgier (1790/1831-1865): Abteilung 3,12 Bild(36 KB)
1.71 Victoria, geb. Prinzessin von Sachsen-Coburg-Saalfeld, Herzogin von Kent (1786-1861), Mutter der späteren Queen Vicoria: Abt: 1 und Callenberg 12
1.73 Albert (1819-1861): Abt. 1, 3, 5, 6,7, Callenberg 8, 9, 11, 12 Bild(33 KB)
1.75 Victoria, Königin von Großbritannien (1819/38-1901): Abt. 1, 3, Callenberg 8, 9, 10, 12 Bild(34 KB)
1.94 Victoria, Tochter der Queen, Kaiserin von Deutschland, Mutter Wilhems II. (1840-1901): Abt. 1, 12
1.96 Wilhelm II., Kaiser von Deutschland (1859-1941): Abt. 1, 3
1.100 Alice, Großherzogin von Hessen-Darmstadt, geb. Prinzessin von Großbritannien (1843-1878): Abt. 1 und Callenberg 9
1.105f. Alix, spätere Zarin von Rußland, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt (1872-1918): Callenberg 9, 12
1.51 Zar Ferdinand von Bulgarien (1851-1948): Abt. 5

2. Coburg - Fürstentum und Residenzstadt in der Neuzeit
Veste, Steinerne Kemenate, 2. Stockwerk

a) Stadt und Territorium

Als Erbe der Henneberger gelangte das Coburger Territorium 1353 an Markgraf Friedrich den Strengen von Meißen und somit an das Haus Wettin. Es bildete künftig den südlichsten Teil der sächsischen Territorien, die sogenannten "sächsischen Ortlande in Franken" oder die "Pflege Coburg". 1485 erfolgte die große wettinische Landesteilung in eine albertinische und eine ernestinische Linie: Coburg fiel zusammen mit Thüringen und den vogtländischen Besitzungen an Ernst von Sachsen (1441-1486), der auch die Kurwürde erhielt. Bis 1918 blieb Coburg Bestandteil der Territorien der ernestinischen Linie, fiel allerdings bei den verschiedenen Erbteilungen an jeweils neu zusammengesetzte Teilherzogtümer. Bis zur Einführung der Primogenitur durch Friedrich Josias von Sachsen-Coburg- Saalfeld 1735 war Coburg lediglich zweimal ein selbständiges Herzogtum: nämlich von 1586/96 bis 1633 unter Herzog Johann Casimir und von 1680 bis 1699 unter Albrecht von Gotha, dem Sohn Ernst des Frommen.

Die Stadt Coburg war deshalb zunächst vor allem Handelsstadt und Verkehrsknotenpunkt zwischen den Messestädten Nürnberg, Leipzig und Erfurt. Erst unter Herzog Johann Casimir wurde sie zur Residenzstadt. Unter anderem baute er das von seinem Vorgänger begonnene Schloß Ehrenburg auf den Mauern des ehemaligen Barfüsserklosters in der Stadt Coburg zur stattlichen Residenz aus, während die Veste Coburg zur Festung erweitert wurde.

Kat.Nr. Objekte
2.1 Kartenprojektion zur Territorienentwicklung des Fürstentums bis 1826
2.2 Geleitstraßenkarte 1562
2.3 Mauritiuskopf, seit 1500 Wahrzeichen neben dem Meißner Löwen
2.4 Kolorierter Holzschnitt mit einer der ältesten Abbildungen von Stadt und Veste
2.5 Kupferstich "Coburgum inter Antiquiore Franconiae Civitates" von Wenzel Hollar, 1657
2.6/8/2.11 Abbildungen zur Stadt, zur Veste und zur Ehrenburg
aus dem "Album der herzoglichen Residenzstadt Coburg und seiner nächsten Umgebung zu Ende des vorigen Jahrhunderts", Jacob Lindner, Coburg 1877
Besonders interessant ist u.a., daß die Ehrenburg bis 1802 von einem Schloßgraben umgeben war. Unter Herzog Albrecht war die Ehrenburg nach einem Brand 1690 weitgehend umgestaltet worden. Die Kirche im Schloß und das Marstallgebäude entstanden, der gesamte Komplex wurde nach Norden ausgerichtet und die drei Schloßhöfe zu zweien zusammengefaßt.
2.9 Modell der Veste mit dem Bauzustand um 1900, angefertigt nach 1921, im Zusammenhang mit der Schwedenhochzeit von 1932. Die Belagerung der Veste durch Wallenstein sollte damit nachgestellt werden.

b) Innenansichten eines Fürstentums
Staatswesen

Ganz im Stil des Frühabsolutismus veranlaßte Johann Casimir die Errichtung einer Zentralbehörde, das Geheime Ratskollegium, das unter sich die Landesregierung (weltliche Ämter), das Konsistorium (kirchliche Ämter) und die Kammer (Finanzämter) vereinte. Er ordnete die Gerichtsbarkeit mit getrennten Instanzen für Landstände und Untertanen. Der Coburger Schöppenstuhl wurde oberstes Gericht, das eine einheitliche Rechtssprechung im gesamten Territorium erwirken sollte. Gleichzeitig setzte er sich für die Förderung des Gewerbes und der Kultur ein. Seine Mitarbeiter berief er überwiegend aus dem Kreis juristisch gut ausgebildeter Männer, weniger aus dem einheimischen Adel. Diesem mußte er allerdings im sogenannten Casimirianischen Abschied (1612) einige Zugeständnisse machen - wie die Überlassung der niederen Gerichtsbarkeit. Mit einer Fülle von Verordnungen machten sich der Landesherr und seine Beamten bemerkbar, und das in einer Zeit, in der der Dreißigjährige Krieg die Auflösung jeglicher Strukturen befürchten ließ.

Kat.Nr. Objekte
2.13f. Johann Casimir und sein Bruder Johann Ernst: Zwei Schmuckblätter, 1. Hälfte 17. Jahrhundert
Sehr kunstvoll gestaltete Schmuckblätter, die die beiden Brüder jeweils in der herrscherlichen Pose von Renaissancefürsten zeigen, umgeben von ihren Anspruchswappen. Im Hintergrund sind ihre Residenzen abgebildet: bei Johann Casimir die Veste Coburg, bei Johann Ernst von Sachsen-Eisenach die Wartburg
2.16-21 Ausgewählte Archivalien: Ladschreiben für den Landtag von 1594, Ausschreibung der Steuer nach Landtag von 1594, "Casimirianischer Abschied" vom 23. Oktober 1612, Taxordnung Johann Casimirs, 1623, Kirchenordnung, 1626, Konzession zur Errichtung der Glashütte Lauscha, 1597
2.22 Lithografie "Ansicht des Marktes zu Coburg", Appenfelder, um 1830 mit Regierungsgebäude und 1414 erbautem Rathaus, Sitz des Rates der Stadt
2.25-27 Gemälde der Schützengesellschaft Coburg 1354 mit führenden Persönlichkeiten der Zeit: Volkmar Scherer, Kanzler bei Johann Casimir, Georg Hack, Rentmeister, Peter Sengelaub (1558-1622), Baumeister unter Johann Casimir
2.28-31 Beispiele für zeitgenössisches Kunsthandwerk: Humpen, Creußen Buckelpokal, Coburg, Zunftkanne der Büttner, Coburg, Kürfürstenbecher, Lauscha

Schulwesen

Vor allem zur Ausbildung der künftigen Beamtenschaft errichtete Johann Casimir das Casimirianum. Es sollte auch Landesuniversität werden. Dieser Plan wurde aufgegeben, nachdem sich der Fürst mit dem Herzog von Sachsen-Weimar wieder versöhnt hatte und seine Landeskinder wieder die Universität Jena besuchen konnten. Die am 3. Juni 1605 eröffnete "Landesschule" war eine klassische Lateinschule mit einer universitären Artistenfakultät. Diesen Doppelcharakter behielt die Schule bis ins 18. Jahrhundert. Daneben gab es noch eine Ratsschule. Heute ist das Casimirianum eines der vier Coburger Gymnasien.

Kat.Nr. Objekte
2.33 Gemälde: Johann Casimir mit Casimirianum im Hintergrund, 1660
2.34 Die Matrikel des Gymnasiums Casimirianum 1605-1803
2.37 Graphische Darstellung zu Lehrplan und Stundenverzeichnis
2.39 Zwei Notenbücher von Melchior Franck
2.43 Fahne zum Gregorius-Fest
Am Gregoriustag, dem 12. März 1550, läßt sich erstmals in Coburg ein Schulfest nachweisen. Gregor I. (um 540-604) galt unter anderem als Förderer von Schulen und wurde zum Schutzpatron der Jugend. Zunächst war es nur ein Umzug der Schulen, den ein als Bischof verkleideter Schüler anführte, ergänzt durch Schultheateraufführungen. Das Gregoriusfest wurde später in die letzte Woche vor den Sommerferien verlegt und beim Umzug ging ein Schüler als "Herr vom Katzenkopf" voraus. Er hatte dazu einen Katzenkopf aus Pappmaché aufgesetzt. Die Fahne zeigt - wenn auch sehr beschädigt - diesen Katzenkopf. Der Sinnspruch der Fahnenrückseite "Ohne Fleiß kein Preis" - wird die Schüler an diesem Tag sicher weniger interessiert haben als die Süßigkeiten, Geldspenden und das Freibier, das es noch im 19. Jahrhundert für alle Kinder gab. Die Fahne wurde das letzte Mal am 13. Juli 1971 in Coburg bei einem Umzug mitgeführt.

Hofgesellschaft

In dem Bestreben, auch das Hofleben zu organisieren und zu kontrollieren, wurden unter Johnn Casimir mehrere Hofordnungen erlassen, die einen guten Einblick in das Leben dieses kleinen und noch recht bescheidenen Hofes erlauben. Bei den fürstlichen Vergnügungen spielten Jagd- und Schützenwesen eine wichtige Rolle, ebenso die Schlittenfahrten.

Kat.Nr. Objekte
2.44 Urkunde: Hofordnung Johann Casimirs, 26. Februar 1607, mit eigenhändiger Unterschrift und Sekretsiegel
2.45 Grafik: Sitzordnung an der Tafel Johann Casimirs
1604 gehörten zur Hofhaltung Johann Casimirs 134 Personen, die an 14 Tischen zweimal täglich verköstigt wurden.
An der Fürstentafel saßen Johann Casimir und seine Gemahlin, außerdem der Hofmeister, einige Ritter und der Hofprediger. Am Truchseßtisch hatte der Hofmarschall, der Vorschneider, die beiden Kammerdiener und der Hofzwerg, aber auch der Burgenmeister, zuständig für die Bauaufsicht auf der Burg und die Silberdiener, die für das Tafelsilber die Verantwortung trugen, ihren Platz. Es gab einen eigenen Frauenzimmertisch für den Hofstab der Fürstin, dem der Hofmeister und die Hofmeisterin vorstanden. Dieser Tisch sollte "besonders warme Speisen" bekommen. Am Musikantentisch hatte auch der Hofkapellmeister Melchior Franck seinen Platz. Der Tisch der Köche mit dem Hausvogt, dem Küchenmeister und Küchenschreiber und einige Tische für das Dienstpersonal beendeten die Abfolge, wobei hier der Harnischmeister und der Hofschmied herausragende Stellungen einnahmen.
Es war genau festgelegt, wieviel Essen an jedem Tisch aufgetragen wurden. So konnte der Truchseßtisch zwar zwei Wagen aus der Küche bekommen, mußte aber auch die Reste der Fürstentafel verzehren. Was an diesem Tisch noch übrig blieb, sollten die Köche verspeisen. Dies wurde fortgeführt bis zu den Wächtern und Vogelstellern, die kein Essen mehr aus der Küche bekamen, sondern nur noch von den Resten zehren mußten. Zum Essen gab es Wein und Bier in festgelegter Menge, "weiße Semmeln" und Brot.
2.47 Harnisch für den Hofzwerg Johann Casimirs Bild(65 KB)
2.48 Kummet zum Carousselschlitten mit Löwen, um 1660, Lanzen zum Ringstechen beim Damencaroussel, 18. Jahrhundert
außer Katalog: Jagdintarsienzimmer Johann Casimirs
Dieses Meisterwerk der Schnitz- und Intarsienkunst wurde um 1630 für die Ehrenburg hergestellt. Das Renaissancezimmer mit einer schweren Kassettendecke, einer portalartigen Tür und einer Wandvertäfelung, die 60 einzelne Jagdszenen in Intarsienbildern zeigt, wurde 1809 aus der Ehrenburg ausgebaut und um 1830 in etwas verkleinerter Form in der Veste eingebaut. Als sogenanntes "Hornzimmer" ist es berühmt geworden. Seit wenigen Wochen ist es nach Restaurierungsarbeiten wieder zugänglich. Die Entwürfe für die Intarsien werden Wolfgang Birckner zugeschrieben. Sie stehen in der Tradition der Jagdbilder Lucas Cranachs und schildern den Ablauf eines "eingestellten Jagens" (vgl. 2.67). Besonders interessant ist Bild 2 mit Herzog Johann Casimir im Vordergrund, der vom Jägermeister im Beisein des Hofmarschalls (links) und des Hofzwerges Jakob Eckelt (rechts) in das Jagen eingewiesen wird.
2.56 Gemälde: Wolfgang Birckner, Hofmaler Johann Casimirs
2.55 Gemälde: Jagd Johann Casimirs am 20. August im Ambt Tenneberk
Das Bild gehört zu einer Serie gleichartiger Bilder aus der Herzoglichen Gemäldegalerie in Gotha. Dargestellt sind "eingestellte Jagden", bei denen das Jagdgelände vollständig eingezäunt wird. Für den Herzog und sein Jagdgefolge wird ein überdachter Unterstand gebaut, auf den die Jägerburschen das Wild zutreiben. Nach dem Schuß geben die Jagdburschen den getroffenen Tieren den Genickfang, danach transportieren sie die Beute auf die rechte Seite und bilden die "Strecke", wobei die Köpfe und Gehörne auf den Schießstand ausgerichtet werden.

Schützenwesen

Nicht nur als Freizeitgestaltung mit sozialer Funktion, sondern noch von der Grundidee der Landesverteidigung bestimmt, spielte das Schützenwesen im 17. Jahrhundert eine große Rolle. Aus den zunächst rein militärisch ausgerichteten Übungen entstand ein sportliches Schießen, bei dem der Wettkampf und der gesellschaftliche Aspekt im Vordergrund standen. Man schoß vornehmlich auf reich dekorierte, handgemalte Scheiben, die von den Schützen selbst gestiftet wurden. Die Coburger Schützengesellschaft von 1354 besitzt eine außergewöhnliche Porträtsammlung ihrer Schützenmeister, wie drei Beispiele zeigen (vgl. auch Kat.-Nr. 2.25-27). Bei Veranstaltungen der Schützen kamen Hof und Bürger zusammen.

Kat.Nr. Objekte
2.50-52 Leibarzt Dr. Johann Bierdümpfel 1608, Sächsischer Hofmeister Christof Hundt von Wenkheim, Ludwig Oertlein, Bäcker
2.53f. Auswahl von Abbildungen aus dem Coburger Scheibenbuch von 1609-1631 und dem Coburger Stahlschießbuch, 1597-1617

c) Sachsen-Coburg zu Beginn des 19. Jahrhunderts

Infolge einer Realteilungsordnung war das einstige Kurfürstentum Sachsen im Verlauf des 17. Jahrhunderts in ständig wechselnde kleine Einheiten zerfallen. Erst seit der Primogeniturordnung von 1735 konnte das Herzogtum ungeteilt an den ältesten Sohn vererbt werden.

Eine großzügige Hofhaltung, langwierige Erbstreitigkeiten und kriegerische Ereignisse hatten zu einer so hohen Verschuldung des Fürstentums geführt, daß der Reichshofrat eine Schuldenkommission einsetzte (1773), die das Finanzeinkommen streng überwachte.

Der Kleinstaat überlebte die Wirren der napoleonischen Jahre. Am 9. Dezember 1806 war Herzog Franz Friedrich Anton gestorben. Zu diesem Zeitpunkt hielt sich der Thronfolger als General der Kavallerie bei den preußischen Truppen auf. Sein Fürstentum stand gleichzeitig unter französischer Verwaltung. Die Herzoginwitwe Auguste Caroline Sophie vollzog am 15. Dezember 1806 den Beitritt zum Rheinbund. Damit rettete sie die Eigenstaatlichkeit Coburgs. Erst jetzt wurde das Fürstentum zum Herzogtum. Am 29. Oktober 1813 trat Herzog Ernst I. aus dem Rheinbund aus (nach der Völkerschlacht!) und fand sich als erster thüringischer Fürst im Lager der Alliierten ein. Er stellte für den Krieg gegen Frankreich 400 Soldaten, außerdem eine Landwehr. Im Deutschen Bund (seit 1815) führte Coburg, später Coburg und Gotha gemeinsam, eine Stimme im Plenum.

Kat.Nr. Objekte
2.60 Gemälde: Herzogin Auguste Caroline Sophie
2.61 Ratifikationsurkunde über Beitritt von Sachsen-Coburg zum Rheinbund. Mit Oblatensiegel und Unterschriften der Herzogin Auguste und Minister Kretschmann
2.62 Archivalie: Herzog Ernst I. erteilt seinem Gesandten Vollmacht zur Unterzeichnung der Deutschen Bundesakte am 15. September 1815
2.57 Gemälde: Moritz August von Thümmel, (1738-1817) Geheimer Rat (1764-1783) und Dichter (vgl. Abt. 6)
2.57 Gemälde: Theodor Kretschmann 1762-1820, Finanz- und Verwaltungsfachmann in Coburg (1801-1808)

1825 starb die Linie Sachsen-Gotha-Altenburg aus. Die ernestinischen Herzogtümer wurden nach Zugrundelegung von Ertragsstatistiken neu geteilt: die letzte dynastische Teilung, die Coburg betraf. Die Coburger Herzöge regierten nun auch das Herzogtum Gotha.

Zwischen beiden Residenzen bildete sich rasch eine gewisse Rivalität. Der herzogliche Hof teilte das Jahr in Aufenthalte in Coburg und Gotha. In Coburg fürchtete man die Dominanz Gothas, da dieser Landesteil von der Einwohnerzahl und der wirtschaftlichen Leistung her die größeren Anteile stellte und auch als Sitz des leitenden Staatsministeriums die Leitlinien der Politik bestimmte. Unter Ernst II. wurde dies durch seinen bevorzugten Aufenthalt in Coburg ausgeglichen, während seine Nachfolger, insbesondere Carl Eduard, Gotha eindeutig in den Vordergrund stellten.

Kat.Nr. Objekte
2.66 Teilungsvorschläge für die Erbteilung von 1826, 20 Kärtchen
2.67 Adresse des Gemeinsamen Landtags zur Hochzeit von Alfred und Marie 1874 mit Aquarellbilder beider Städte: "In Coburg ist gut wohnen, in Gotha ist gut thronen."


3. Fürstenmacht und Bürgerwelt
Veste, Steinerne Kemenate, 1. Stockwerk, Grosse Hofstube

a) Das Herzogtum im 19. Jahrhundert
Der Traum von nationaler Größe - Ernst II. als Held von Eckernförde

Die beiden politischen Themen, die vor allem die Mitte des 19. Jahrhundert bestimmten, stehen in dieser Abteilung der Ausstellung gleich am Anfang: die nationale Frage und die liberalen Forderungen wie die nach Konstitution, Meinungs- und Vereinsfreiheit, nach einer Bürgerwehr.

Ernst II. und seine kleinen Herzogtümer standen dabei jeweils auf der populären, fortschrittlichen Seite. In weiten Teilen des Bürgertums genoß er ein über seine wirkliche Bedeutung hinausgehendes Prestige.

In der nationalen Frage begann seine Popularität mit der Schlacht von Eckernförde gegen die Dänen. Im Mai 1848 hatte Preußen im Auftrag des Deutschen Bundes einen Feldzug gegen Dänemark begonnen, das im März 1848 Schleswig an Dänemark angegliedert und damit die Realunion mit Holstein beendet hatte. Ernst II. war der verantwortliche Kommandant für den errungenen Sieg, wenn er auch nicht selbst dazu beigetragen hat, da er in den entscheidenden Momenten der Schlacht nicht auffindbar war. Es war auch weniger eine Seeschlacht, sondern die Verhinderung eines Landungsversuches. An die Ereignisse von Eckernförde knüpfte sich ein Nationalkult, der auch die kleinsten Wrackteile und die Gallionsfigur des zerstörten dänischen Schiffes "Christian VIII." als Devotionalien behandelte. Die Besichtigung der Eckernförder Halle auf der Veste Coburg gehörte zum Pflichtprogramm von Coburg-Besuchern.

Kat.Nr. Objekte
3.1 Gemälde: "Herzog Ernst II. in der Schlacht bei Eckernförde", Feodor Dietz, 1856 Bild(29 KB)
3.3 Nachbildung des Dänischen Kriegsschiffes Christian VIII., Silberner Tischaufsatz, Geschenk zur Goldenen Hochzeit, von Herzog Ernst II, 1892 Bild(37 KB)
3.4 Karikatur aus dem "Kladderadatsch" 1894 auf Ernst II. und seine "Flucht" bei Eckernförde

Die Herzogtümer gehörten zu den konstitutionellen Staaten. Die Coburger Verfassung von 1821 wirkte vorbildlich für weitere Verfassungen wie in Sachsen-Meiningen (1829), Sachsen-Altenburg (1831). Die Vereinigung der beiden Herzogtümer 1826 brachte nur eine Personalunion, eine Realunion scheiterte am Willen beider Landtage. So bot das Staatsgrundgesetz von 1852 lediglich einen Kompromiß. Zwar wurde das Herzogtum zu einem "vereinigten, untrennbaren Ganzen" erklärt, doch bestanden die jeweiligen Sonderrechte und zwei getrennte politische Verwaltungsorganisationen fort. Seit der Reform von 1848/49 galt: Je ein Landtag für jeden Landesteil, sowie ein dritter für die gemeinsamen Angelegenheiten. Im Deutschen Bund und später im Reich hatte "Sachsen-Koburg-Gotha" nur eine Stimme, da beide als Fürstenbund konzipiert waren.

Die Revolution von 1848/49 bedeutete für den Coburger Herzog keine Bedrohung. Ernst II. war weitgehend auf die Forderungen eingegangen und sah sich in der deutschen Frage auf Seiten des Paulskirchen-Parlaments.

Kat.Nr. Objekte
3.5 Grafik: "Historisch-statistisches Tableau von Deutschland in seiner früheren und jetzigen Gestalt (...)", 1832 eine Art Schulwandkarte mit den Bestimmungen der Verfassungen
3.6 Porträt: Moriz Briegleb (1809-1872), Coburger Teilnehmer an der Frankfurter Nationalversammlung
3.7/9 Zeichnung: Ludwig von Hanstein (1798-1848), erster Kommandeur des Coburger Bürgerwehr- Bataillons, 1848 und Liste der Coburger Bürgerwehr, 1849
3.10 Coburger Tageblatt Nr. 35 von 1848 mit Gedicht auf die Bürgerwehr.
3.11 Staatsgrundgesetz für die Herzogtümer Coburg und Gotha (1852), mit Unterschrift von Ernst II.
3.12 Aquarell: Feierliche Proklamierung des Staatsgrundgesetzes für die Herzogtümer Coburg und Gotha vom 3. Mai 1852 von H. J. Schneider

Als Beispiele für Einzelpersönlichkeiten, die die literarische Kultur Coburgs und Gothas prägten und zugleich das politisch liberal orientierte Bürgertum repräsentieren, lassen sich in Coburg Friedrich Rückert (1788-1866), in Gotha Gustav Freytag (1816-1895) heranziehen. - Gustav Freytag, seit 1848 Redakteur der Zeitschrift "Grenzboten", lebte seit 1851 in Siebleben bei Gotha. Er kann als der prototypische Autor des deutschen Bildungsbürgertums des 19. Jahrhunderts gesehen werden. Sein nationales Ideal des kleinstädtischen, patriarchalisch organisierten Handelsbürgertums, wie es in seinem populärsten Roman "Soll und Haben" geschildert ist, fand breite Zustimmung. Der bedeutende Orientalist Friedrich Rückert lebte seit 1841 überwiegend in Neuses bei Coburg. Er hatte sich nicht zuletzt wegen der Bestände derHofbibliothek hier niedergelassen.

Ernst II. unterstützte in den 50er Jahren nationalliberale Ideen. Im 1853 in Gotha gegründeten "Literarisch-politischer Verein" fanden sie eine erste Organisationsform. Dieser Verein stellte ein Bindeglied zur folgenden Generation des "Deutschen Nationalvereins" und der späteren "Fortschrittspartei" dar. 1859 wurde Coburg Sitz des in Frankfurt gegründeten Nationalvereins. Feodor Streit übernahm hier die Geschäftsführung, Ernst II. ermöglichte 1860 und 1862 Generalversammlungen in Coburg. Es gab viele Querverbindungen zu den Turn-, Gesangs- und Schützenvereinen, deren Unterstützung sich der Nationalverein sichern wollte.

Durch die relativ liberale Pressegesetzgebung boten Coburg und Gotha eine geeignete Heimstatt für Presseerzeugnisse aller Art. Das "Coburger Tageblatt" und die "Land- und Stadt-Zeitung von Coburg" erschienen ab 1848, die "Coburger Zeitung" ab 1854. In Feodor Streits Verlagsbuchhandlung erschien ab 1862 die "Arbeiterzeitung", herausgegeben vom Arbeiterfortbildungsverein in Coburg. Weitere wichtige Zeitungen waren die "Neue Deutsche Dorfzeitung" 1849-1851 (Organ der Demokraten in Thüringen, Redakteur Feodor Streit), insbesondere aber Feodor Streits: "Wochenschrift des Nationalvereins" 1860-1865 und die "Deutsche Turn- und Volkswehrzeitung" 1860-1864.

Kat.Nr. Objekte
3.13 Zeichnung: Rückert im Kreise seiner Freunde, Gustav von Dornis, 1863
3.14 Friedrich Rückert (Übers.): Der Koran, Leipzig 1888
3.15 Fotografie: Gustav Freytag mit Gemahlin 1886
3.16 Widmungsexemplar "Soll und Haben" von Gustav Freytag zum 100 000. Exemplar vom 21. Juni 1888 (2 Bde.)
3.17 Porträt Feodor Streit (1820-1904), 1851
3.18 Wochenschrift des Nationalvereins, Band mit handschriftlichen Eintragungen, Feodor Streit, Repros von zeitgenössischen Zeitungsseiten

Der gescheiterte Gegenentwurf: Der Coburger Kreis und die nationale Frage

Golo Mann: "Es entstand so etwas wie ein Coburg-Clan, deutsch, englisch und international, liberal und monarchisch, emsig-korrespondierend, vermittelnd zwischen England und Frankreich, später seinen Einfluß auch in Preußen fühlbar machend."

Durch dynastische Beziehungen und ähnliche politische Ansichten gehörte Ernst II. zu einer Gruppe europäischer Fürsten und Kronprinzen, die als "Coburger Kreis" im Gegensatz zur schließlich erfolgten preußisch-kleindeutschen und von Bismarck dominierten Reichsgründung einen liberalen "zweiten Weg" einschlagen wollten.

An der Korrespondenztätigkeit von Ernst II. im Vorfeld der deutschen Einigungskriege kann dies exemplarisch erläutert werden.

Kat.Nr. Objekte
3.23 Korrespondenzen von Ernst II. im Vorfeld des 1866er-Krieges: (ausgestellt sind die Antworten auf Briefe Ernst II.)
  • Brief des preußischen Kronprinzen Friedrich an seinen Onkel Ernst II., Berlin, 26. März 1866:
    Friedrich klagt, daß er von Bismarck übergangen werde und daß er einen Bruderkrieg wohl nicht verhindern könne. Diesen Brief schickte Ernst an seinen Vetter nach Wien, zusammen mit einem Anwortschreiben des preußischen Königs auf einen Geburtstagsbrief, in dem Wilhelm das Interesse Preußens in den Vordergrund gestellt hatte.
  • Brief des österreichischen Außenministers Alexander Graf Mensdorff an Ernst II., Wien 31. März 1866:
    Mensdorff legt die österreichische Position dar: Verständigung mit Preussen unter der Bedingung, daß Bismarck als Kriegstreiber entlassen werde. Ernst schickte eine Kopie dieses Briefes an die englische Königin. Eine zweite Kopie schickte er an den preußischen König. Dieser reichte den Brief Mensdorffs an Bismarck weiter, der seinen Inhalt in der "Kreuzzeitung" veröffentlichen ließ.
  • Brief von Königin Victoria an ihren Schwager Herzog Ernst II., London, 7. April 1866
    Königin Victoria hatte den Inhalt des Briefes ihrer Regierung bekannt gemacht und antwortete Ernst: "Gott gebe, daß dieses schändliche sündhafte Benehmen Bismarcks reichlich bestraft und der Friede erhalten sein möge"
3.22 38 Miniaturen von Mitgliedern des Hauses Coburg (nach 1850), u.a. mit Ernst II (12), Alexander Mensdorff (8), Victoria (17) und die Gattin des Kronprinzen Friedrich, Victoria (22)
3.21 Porträt: Christian von Stockmar (1787-1863), Franz Xaver Winterhalter, 1847 Der Arzt Stockmar lebte eine interessante Variante der Verbindung von Fürstenmacht und Bürgerwelt. Er hatte die Tochter des reichen Coburger Stadtapothekers geheiratet und war damit finanziell so unabhängig, daß er niemals ein Amt am Coburger Hof bekleidete. Dennoch war er der wichtigste Berater des Herzogshauses in Coburg, Brüssel, London und Lissabon und förderte dabei auch die verschiedensten Eheverbindungen.

Nationale Einigung unter preußischer Führung

Nach dem Sieg Preußens 1866 schloß sich Ernst II. der kleindeutschen Lösung unter preußischer Führung an. Seine Herzogtümer blieben auch nach der Reichseinigung erhalten.

Kat.Nr. Objekte
3.19 Fotografie: Die Teilnehmer des deutschen Fürstenkongresse in Frankfurt 1863 ein sehr frühes Beispiel für das uns heute so vertraute Genre des Gruppenfotos von Staatsoberhäuptern. Auf dem Foto fehlt der preußische König, der auf Anraten Bismarcks nicht nach Frankfurt gekommen war und damit eine andere als die kleindeutsche Lösung blockiert hatte.
3.24 Beitrittsurkunde zum Norddeutschen Bund, 1867
3.27 Repro: Kaiserproklamation in Versailles, nach Anton von Werner
3.28 Repro: Die Mitglieder des Bundesrats und des Reichstags 1878-1881
In der oberen Reihen finden sich die Porträts der deutschen Landesfürsten und ihrer Minister. Darunter gruppieren sich die Fraktionen.
3.29 Großrepro: Coburger Fürstenhochzeit von 1894 (Hoffotograf Uhlenhut) Treffen der großen Familie mit Königin Victoria in der Mitte

Vereinswesen, Geselligkeit und politische Kultur
Die Sängerbewegung des 19. Jahrhunderts

Das Vereinsleben der Sänger ist in vieler Hinsicht repräsentativ für Werte des deutschen Bürgertums im 19. Jahrhunderts. Die Gesangsvereine, Liedertafeln und Liederkränze boten ihren (fast ausschließlich männlichen) Mitgliedern Gelegenheit zu Geselligkeit und zur Pflege nationalen Lied- und Gedankengutes. Durch den Chorgesang sollte auch die kulturelle Entwicklung gefördert werden, etwa auf dem Land. Die überregionalen Feste der Sänger, die seit den 40er Jahren in verschiedenen Gegenden Deutschlands stattfanden, wurden zunehmend Massenveranstaltungen mit großer emotionaler Wirkung, bei der die Verbundenheit mit Deutschen aus allen deutschsprachigen Gebieten eine besondere Rolle spielte. Neben den bürgerlichen Gesangsvereinen - 1862 in Coburg zusammengeschlossen zum Deutschen Sängerbund -, organisierten sich 1861 auf Schloß Callenberg die Landliedertafeln und 1877 in Gotha der Allgemeine Arbeitersängerbund.

Kat.Nr. Objekte
3.30 Zweiter Coburger Sängertag am 29. und 30. Juli 1855
Das Innere der Veste - Das Innere der Sängerhalle

Coburg bot für entsprechende Großveranstaltungen wie die der Sänger geeignete Räume. Die neue große Reithalle aus dem Jahr 1852 konnte durch Gaskandelaber beleuchtet werden. Die Veste war als neugotisch-altdeutsch renovierte Burg ein symbolträchtiger Ort für Festzüge und Festveranstaltungen. Herzog Ernst II. förderte die Sänger und schrieb sogar eine Festkomposition mit dem Titel "An die deutsche Trikolore".
3.34 Fahne vom Ersten Deutschen Sängerfest, Nürnberg 1861
An einem Tisch kann man in alten Liederbüchern blättern und das zeitgenössische Repertoire an Vaterlandsliedern, wie Vertonungen von E. M. Arndt und Theodor Körner, die "Wacht am Rhein" von Schneckenburger, aber auch Volks- und Gesellschaftslieder, sowie Studentenlieder - also überwiegend Trinklieder - Revue passieren lassen.

Die Schützenvereine

Das Schützenwesen hat an den Höfen und im deutschen Bürgertum ein lange Tradition. (Vgl. Abt.2) Nach 1848 sahen Mitglieder des Nationalvereins und Ernst II. in einer vormilitärischen Einübung junger Freiwilliger für den Wehrdienst in Turn-, Schützen- und Wehrvereinen einen Weg, um den "freien Bürgersoldaten der Zukunft" zu erreichen. Das große Nationalereignis des Thüringischen Turn- und Gothaischen Schützenfestes (8.-11. Juli 1861) und die Gründung des Deutschen Schützenbundes durch den Herzog persönlich am 11. Juli 1861 stand im Zeichen dieser Bewegung. Ernst II. wußte das Instrument der Massenbegeisterung virtuos zu handhaben, auch wenn Kritiker wie Gustav Freytag, Schulze-Delitzsch und von Benningsen sich von den Aktions- und Demonstrationsformen bereits bald distanzierten. In den Jahren danach kam es aber zur zunehmenden Entfremdung des Herzogs von den Schützen. Der Druck durch seine Standesgenossen, die Kritik aus Preußen und die nur kurzzeitig überdeckten Gegensätze zwischen den verschiedenen Richtungen innerhalb der Schützen bewirkten, daß Ernst II. nach 1862 (Frankfurt) bei keinem Deutschen Bundesschießen mehr anwesend war. Er blieb aber, wie auch seine Nachfolger, weiterhin ein Förderer der Schützenvereine.

Kat.Nr. Objekte
3.36f. Königskette und Traditionsfahne von 1715 der Schützengesellschaft Coburg 1354
3.38 Grafik: Schützenumzug in Gotha 1861
3.39 Grafik: Die Preisverleihung beim Deutschen Schützenfest in Frankfurt am 16. August 1862
3.40 Sportbüchse mit Monogramm des Herzogs Ernst II. (und Darstellung der Schlacht von Eckernförde!)
Die Turner
3.42 Repro eines Stahlstichs: Deutsches Turnfest in Coburg 1860
Der Sportplatz am Anger, mit Zuschauern, Turnern und ihren Sportgeräten
3.43 Fahne der Turner Schlwesig Holsteins Die Fahne in den Farben Blau Weiß und Rot wurde von Coburger Frauen für die schleswig- holsteinschen Turner genäht, da diese ihre Fahne nicht zur Gründung des Deutschen Turnerbundes 1861 mitnehmen durften. Seit 1910 ist sie die Ehrenfahne des Coburger Turnvereins.
3.45 Turnergürtel und Stammbuchblatt um 1848: "Gut Heil" Trinkhorn der Coburger Turngenossenschaft, 1863

Akademische Turnerschaften (Coburger Convent)

1872 schlossen sich die ersten akademischen Turnvereine beim deutschen Turnfest in Bonn zu einem Cartellverband zusammen, aus dem sich 1897 ein farbentragender, waffenstudentischer Verband bildete. 1873 trafen sich die Landsmannschaften erstmals in Coburg, das ständiger Tagungsort wurde. (Coburger Landsmannschafter Convent, LC). 12. Mai 1951 schlossen sich die Landsmannschaften und Turnerschaften zum Coburger Convent (CC) zusammen. Jedes Jahr findet in Coburg ihr Pfingstkongreß statt. Zum Programm gehören Kranzniederlegung am Ehrenmal der Stadt, Ball, Festkommers, Fackelzug und Mahnstunde am Marktplatz, sowie ein Marktfest. Das Ehrenmal des Coburger Convents im Schloßpark oberhalb der Reithalle wurde Pfingsten 1926 eingeweiht.

Kat.Nr. Objekte
3.47 Farblithographie "Neue Coburger LC Wappentafel" G. L. Müller, Jena, um 1895
3.46 Ausstattungsstücke einer schlagenden Verbindung: Kappe/Mütze, Band, Schläger, Duellsäbel, Pfeifenköpfe aus Porzellan, zwei Liederbücher

Sozialdemokratie in Gotha

Das liberale Staatsgrundgesetz der Herzogtümer garantierte die Versammlungsfreiheit. 1855 wurde hier der älteste Arbeiterverein Thüringens gegründet. Die deutschen Sozialdemokraten wählten deshalb Gotha als Tagungsort. Hier fand 1875 der Parteitag statt, auf dem 73 Vertreter des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (Lassalleaner) und 56 Vertreter der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (Eisenacher) sich zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD, seit 1890 SPD) vereinigten. Gotha blieb auch in den weiteren Jahren ein Zentrum der Sozialdemokratie. 1876 und 1877 wurden weitere Parteitage in Gotha, 1896 in Siebleben bei Gotha abgehalten.

Kat.Nr. Objekte
3.49 Gemälde: Vereinigungsparteitag 1875, Gotha 1953
3.50 Polizeibericht über eine sozialdemokratische Versammlung in Gotha 1887
3.51/52 Wandbilder mit gesticktem proletarischem Spruch. Selbstdarstellung der Arbeiterschaft, Ende 19. Jahrhundert

Der Hof

Der Hof der Herzöge von Sachsen-Coburg und Gotha verschlang im Verhältnis zu anderen thüringischen Staaten die meisten Mittel. Umgekehrt schuf er zugleich für eine große Zahl von Menschen direkt oder indirekt Arbeit und Beschäftigung. Organisiert wurde der riesige Apparat durch das Hofmarschallamt.

Neben dem Hofstaat stand die Hofrangordnung, die die Einbeziehung der Coburger und Gothaer Gesellschaft bei Repräsentationsanlässen des Hofes regelte. Wenn auch der Zugang zum Hof bei bestimmten Anlässen vielen Coburgern offenstand, grenzte sich die Hofgesellschaft doch normalerweise relativ stark von den Landeskindern ab.

Kat.Nr. Objekte
3.53 Grafik zur Hofrangordnung
3.54 Einzug der Erbprinzessin Alexandrine, Aquarell, H. J. Schneider, 1842
3.56 Vier Kammerherrenschlüssel
3.59 Lakaienuniform
3.60 Großrepro: Die Bedienten des herzoglichen Marstalls, aufgenommen auf Schloß Callenberg 1907

Das Hoftheater

Die Theater in Coburg und Gotha waren Unterhaltungs- und Erlebnisstätten sowohl für die Hofgesellschaft als auch für das gehobene Bürgertum. Neben den Theater-, Ballett- und Opernaufführungen fanden auch Konzerte und Sonderveranstaltungen zu bestimmten Anlässen, z. B. große Ausstattungsstücke, Maskenbälle zur Faschingszeit oder auch Künstlerfeste statt. Mitglieder der Hofgesellschaft und Ernst II. selbst standen gelegentlich in verschiedenen Rollen auf der Bühne. Ernst II. hielt engen Kontakt zu Künstlern und Schauspielern, komponierte Opern und förderte das Theater finanziell. Sowohl in Coburg als auch in Gotha wurden 1840 neue Theaterhäuser eröffnet, die abwechselnd je nach Anwesenheit des Hofes bespielt wurden. Über den berühmten Coburger Bühnenbildner Brückner gab es auch Beziehungen zu Bayreuth und den großen deutschen Bühnen. Die Herzogsfamilie unterstützte und ehrte auf verschiedenste Weise die am Theater beschäftigten Künstler und erreichte, daß am Coburger Theater einige bekannte Schauspieler engagiert waren oder Gastspiele gaben.

Die Auswahl an Theatermusikalen, die aus dem großen Bestand der Coburger Landesbibliothek stammen, gibt einen Überblick über Komponisten, die für Coburg von Bedeutung waren.

Kat.Nr. Objekte
3.63 Zwei Schützenscheiben mit Abbildungen der Theater in Gotha (1853) und Coburg (1854)
3.65 Leporello-Album mit zehn übermalten Fotografien zur Aufführung der Oper "Santa Chiara" von Ernst II., Uraufführung 2. April 1854 in Coburg
3.66-68 Abbildungen von berühmten Schauspielern in Coburg: Richard Haase als Richard III., Marie Seebach als Gretchen, Amanda Lindner als Jungfrau von Orleans, Originalhelm und Brustpanzer von Amanda Lindner
3.69ff. Theatermusikalien von Carl Maria von Weber, Franz Liszt, Richard Wagner, Johann Strauß, Richard Strauss, Felix Draeseke
3.75 Porträt: Max Brückner, G. Iser, Berlin
3.76 Lorbeerkranz aus Silber
Der Kranz stammt aus dem "Kleinen Hort" in Bayreuth, also aus den Geschenken Ludwigs II. an Wagner. 1895 schenkte ihn Cosima Wagner Max Brückner als Dank für seine Arbeiten in Bayreuth.
Bild(50 KB)
3.77 Prospekt eines Bühnenbilds aus "Don Juan und Faust" von Grabbe, Meiningen 1896
3.78 Vier kleine Papiermodelle für Bühnenbilder: Tannhäuser (Bayreuth 1908), Alter Friedhof mit Mondlandschaft, ca. 1880, Faust, Hexenküche und Studierstube (Weimar 1897)
3.79 Gemälde zu Parsival: "Montsalvat mit Gralsburg" von Brückner, 1908 Bild(40 KB)

b) Von der Herzogsresidenz zur fränkischen Kleinstadt in Bayern
Der Erste Weltkrieg und das Ende der wettinischen Herrschaft

Wie in anderen deutschen Gebieten wandelten sich die anfängliche allgemeine Kriegsbegeisterung und Opferbereitschaft im Verlauf der Kriegsjahre angesichts der Lasten des Krieges. Für Coburg bedeutete der Krieg auch, daß die traditionellen dynastischen Verknüpfungen der nationalen Zuordnung wichen. So unterzeichnete der als englischer Prinz nach Coburg gekommene Herzog Carl Eduard 1917 einen Gesetzentwurf des gemeinschaftlichen Landtages, der den außerdeutschen Mitgliedern des Hauses Sachsen-Coburg die Erbfolge aberkannte, sofern sie mit dem Reich im Krieg lagen. Daraufhin nahm das englische Königshaus den Namen "Windsor" an.

Kat.Nr. Objekte
3.80 Fotografien: Spendenbeschaffung durch Nagelung des "Heiligen Mauritius" in Coburg am 18. Juli 1915, einer "Gothaer Taube" in Gotha 1915, des "Eisernen Kreuzes" auf dem Marktplatz in Neustadt bei Coburg 1914
3.81 Fotografie: Menschenschlange bei Ausgabepunkt von Lebensmittelmarken 1915 in Coburg und Lebensmittelkarten von 1916
3.82 Zwei Fotografien: Rüstungsproduktion in Neustadt
3.85 Fotografie: Abgeordnete des Coburger Sonderlandtags 1916

Die Revolution im November 1918 verlief in beiden Herzogtümern unterschiedlich. In Gotha erklärte der Arbeiter- und Soldatenrat am 9. November den Herzog für abgesetzt. Das herzogliche Vermögen wurde von der späteren Regierung enteignet.

In Coburg kann man kaum von einer Revolution sprechen, Herzog Carl Eduard hielt sich unbehelligt auf Schloß Callenberg auf. Erst auf Weisung von oben entstand am 9. November ein Soldatenrat. Am Abend des 11. November entschloß sich der Herzog auf Zureden seines Staatsminister von Bassewitz und Staatsrats Dr. Quark zu einer Erklärung, die einen förmlichen Thronverzicht umging. Am 14. November 1918 wurde sie im Gothaer Landtag verlesen und als Abdankung akzeptiert. Da die USPD Fraktion den Fortbestand des Landtags blockierte, entfiel die letzte verfassungsmäßige Klammer zwischen den beiden Herzogtümern. Es entstand der "Freistaat Coburg". Ein Gesetz vom 1.Juli 1919 regelte hier die Übernahme der vom Herzog freigegeben Vermögenswerte in die "Coburger Landesstiftung", die für alle Zeiten lediglich zum Besten des Landes Coburg und zur Wohlfahrt seiner Bewohner genutzt werden sollte.

Kat.Nr. Objekte
3.85 Fotografie: Kundgebung des Arbeiter- und Soldatenrats vor Schloß Ehrenburg
3.86 Armbinde des Coburger Arbeiter- und Soldatenrats von 1918
3.87 Konzept zur Erklärung des Thronverzichts

Die Angliederung an Bayern war das Ergebnis einer von beiden Seiten mit Argumenten und Emotionen geführten Kampagne. Einer der ausschlaggebenden Gründe, der später zur Abspaltung Coburgs von Thüringen führen sollte, war die Lebensmittelbewirtschaftung Coburgs von Weimar aus, die als ungerecht empfunden wurde. Für den Anschluß an Bayern setzte sich u.a. der Neustadter Spielwarenfabrikant und Coburger Landtagspräsident Max Oskar Arnold (1854-1938) ein. Eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen spielte Dr. Hermann Quarck (1873-1932), Regierungsmitglied und Leiter des coburgischen Staatsministeriums. Bei der Volksabstimmung vom 30. November 1919 sprach sich eine deutliche Mehrheit der Coburger gegen eine Angliederung an Thüringen und damit für Bayern aus.

Kat.Nr. Objekte
3.88f. Porträtfotografien: Max Oskar Arnold und Dr. Hermann Quarck
3.91 Staatsvertrag mit Bayern vom 14. Februar 1920
3.93 Hinterlichtdia: Glasfenster der Sparkasse Neustadt bei Coburg zum Übergang an Bayern

c) Zwischenkriegszeit, nationalistische und nationalsozialistische Bewegungen im Coburger Land

In der Weimarer Zeit ist ein deutlicher Rechtsruck in Coburg spürbar. Sichtbar wurde dies bereits bei der Reichstagswahl vom 6. Juni 1920. Die nationalistische und antisemitische DNVP führte gemeinsam mit der DVP. Auch im einst so beschaulichen Coburg heizte sich die politische Stimmung stark auf. Als Beispiel dafür seien die Vorgänge im Zusammenhang mit einer von der SPD und USP veranstalteten "Demonstrationsversammlung für die Republik" vom 3. September 1921 genannt, bei der wegen der Überreaktion der Polizei ein Mensch getötet und mehrere verletzt wurden.

Seit Mai 1920 gab es eine Ortsgruppe des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes. Der "Deutsche Tag" im Oktober 1922, bei dem sich Völkische Verbände, darunter Anhänger Hitlers, in Coburg trafen und es zu heftigen Ausschreitungen kam, gab Hitler eine wichtige Gelegenheit für ein öffentliches Auftreten. Hitler hat später die Ereignisse in Coburg in seinem Buch "Mein Kampf" ausdrücklich erwähnt. Sie hätten der SA den größten Nutzen gebracht und dazu geführt, daß die SA einheitlich gekleidet wurde - nicht nur um "den Korpsgeist zu stärken, sondern auch, um Verwechslungen zu vermeiden und dem gegenseitigen Nichterkennen vorzubeugen."

Kat.Nr. Objekte
3.94 Grafik: Wahlergebnisse 1918/1920
3.95 Video: Coburger Kriegervereine paradieren vor Carl Eduard, 1929
3.96 Wahlplakat der "Nationalsozialistischen Freiheitsbewegung (Großdeutschland)" für die Kommunal- und Reichstagswahlen am 7. Dezember 1924
3.97 Großfotografie: Menschenansammlung auf dem Marktplatz in Neustadt mit Hakenkreuzfahnen anläßlich des "Frankentags" 1927
3.98 Film: Hitler in Coburg 13. Oktober 1932
"Feier des Zehnjahresmarsches auf Coburg", Hitler erhielt die Ehrenbürgerwürde
3.99 Fotografie vom Coburger Marktplatz mit Bratwurstständen und Plakat "Wer zum Juden geht, ist ein Volksverräter" (April 1933) und Plan der Spitalgasse in Coburg mit Einzeichnung ehemaligen jüdischen Besitzes
3.100 Schützenscheibe von 1935 "Raus aus Deutschland mit dem Gesindel"
3.101 Leerer Bildrahmen mit Aufschrift "Dem Führer", Schreiben an eine Witwe 1941, "Ihr Sohn ist für den Führer gefallen".

Die Stadt Coburg wies zum Kriegsende kaum Zerstörungen auf, während die Veste aufgrund hartnäckiger Verteidigungsversuche schwer beschädigt wurde.

Kat.Nr. Objekte
3.103 Film: Einmarsch der Amerikaner
3.104 Aquarell: Veste Coburg mit Kriegszerstörungenen
3.105 Stadtplan Coburgs mit Einzeichnung der Kriegsschäden und der Abgänge seit 1945 Zwei Fotografien: Rüstungsproduktion in Neustadt

d) Lage an der Zonengrenze

Kat.Nr. Objekte
3.106 Fotografie: Eine Grenzgängerin, die mit Christbaumkugeln aus dem Thüringischen handelt, wird von Grenposten kontrolliert (1948)
3.107 Fotografie: Massen-Grenzübertritt aus der SBZ in den Landkreis Coburg 1949
3.108 Fotoserie von der Grenze des Landkreises Coburg zur DDR in den Jahren 1967/68 (Fotograf Karl F. Borneff)
3.109 Fotografie: BGS beseitigt 1989 den Schlagbaum an der "Gebrannten Brücke"
3.110 Fotografie: Ein Wartburg fährt durch ein Spalier von Menschen an der Grenze 1989
3.111 Regierungsabkommen über das Ende der Grenzkontrollen 1990. Unterschrieben in Neustadt bei Coburg

  ZurückZurück WeiterWeiter AusgangAusgang