Ausstellung: "... wider Laster und Sünde" Augsburgs Weg in der Reformation

Ablaßkiste
Ablaßkiste
Die Ablaßkiste diente zur Verwahrung der Ablaßgelder. Sie war mit Schlössern sämtlicher Nutznießer gesichert.
Anfang 16. Jahrhundert
Eichenholz mit Eisenbeschlägen, 40,7 x 82,5 x 47,5
Braunschweig, Städtisches Museum (B 31)

Die Geschichte dieser Truhe läßt sich bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen: Nach einem Hinweis in der "Topographia" von Matthäus Merian soll der als Subkommissar eingesetzte Prediger Johann Tetzel den Ablaß in der kleinen Peterskapelle südöstlich des Dorfes Süpplingenburg (bei Helmstedt) gepredigt und dabei diesen Kasten verwendet haben. Sicher ist, daß die Kiste in dieser Zeit angefertigt wurde und zur Verwahrung von Ablaßgeldern gedient hat.
Die mit breiten Eisenblechen beschlagene Eichenholzkiste mit einem ebenfalls eisenbeschlagenen, schweren Deckel besitzt an den Schmalseiten zwei Eisenringe als Tragegriffe. Auf der Vorderseite waren drei Schlösser angebracht, von denen sich nur das Hauptschloß und der dazugehörige Schlüssel erhalten haben. Die Schlüssel zu den drei Schlössern befanden sich möglicherweise im Besitz der verschiedenen Nutznießer; im angenommenen Fall des St.-Peter-Ablasses wären dies die römische Kurie, das Fuggersche Bankhaus und der Ablaßkommissar und Erzbischof Albrecht von Mainz und Magdeburg gewesen. In dessen Instruktionen für die Ablaßprediger war "die Art und Weise, wie man in den Kasten legen soll", genau festgelegt. Dabei wurden die "Beiträge" für die "vollkommene Vergebung" durchaus den verschiedenen Ständen der Beichtenden angepaßt: So sollten Könige und Königinnen mit ihren Nachkommen, Erzbischöfe und Bischöfe fünfundzwanzig rheinische Goldgulden bezahlen, Äbte, Prälaten und andere Adelige je Ablaßbrief zehn Goldgulden. Die Staffelung der übrigen Gesellschaftsschichten bezog sich auf das jeweilige Einkommen. Die Ablaßprediger wurden dennoch angehalten, die "Beichtkinder" dazu zu bewegen, mehr zu geben; diejenigen aber, die keinen Beitrag in Form von Geld leisten konnten, sollten dies durch Gebet und Fasten ersetzen.
Die Ablaßkiste durfte nicht offenstehen und nur in Anwesenheit von Zeugen oder eines Notars geleert werden. Ein Bevollmächtigter der Fugger begleitete den erwähnten Tetzel und nahm die Ablaßgelder in Empfang. Nach Abzug der Unkosten wurde die eine Hälfte des Geldes zur Finanzierung des Petersdomes an die römische Kurie weitergeleitet, die andere verwendete Erzbischof Albrecht zur Tilgung seiner Schulden bei den Fuggern.
S. St.
Lit.: Christiani, Tetzels Ablaßkiste; AK Martin Luther und die Reformation, Nr. 203, S. 166; Brecht, Martin Luther, S. 179.

Zurück