Eine große Zahl von Verwaltungs- und Wirtschaftsgebäuden, Scheunen und Ställen kommt hinzu. Außerdem besitzen wir zwei Anwesen in München." "Und wie steht es denn mit dem Grundbesitz?" fragte der Sekretär dazwischen.
"Ich hätte gerade darauf kommen wollen, wenn Sie mich nur hätten ausreden lassen, Herr Secretarius", brummte Jocher und fuhr fort: "Das eigentliche Klostergut umfasst ungefähr 150 Hektar. Unsere vier Schwaigen, dem Kloster gehörende Einzelhöfe, dürften insgesamt 170 Hektar groß sein. Dazu kommen Almen, Fischteiche und etwa fünfeinhalbtausend Hektar Wald. Wieviele Pferde, Rinder, Schweine und Schafe wir haben, kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen, die müssten Sie schon selber zählen. Insgesamt werden es etwa tausend Stück sein, vor allem Milchkühe und Jungvieh.
Halt, etwas habe ich noch vergessen, unsere auswärtigen Besitzungen in Schwaben und Tirol. Aber es dürfte seiner kurfürstlichen Durchlaucht ohnehin schwer fallen, seine einnehmende Hans auf dieselben zu legen, denn da gibt es Herren, die erheblich näher daransitzen".
Der Sekretär zuckte bei dieser Respektlosigkeit zusammen, Ockel aber verzog keine Miene. "Eines würde mich aber noch interessieren", sagte er,
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"wieviel Personen gibt das Kloster Arbeit und Brot?""Nun, ich schätze, dass es, von den 36 Mönchen einmal abgesehen, gut 150 Arbeitskräfte sind, im Kloster selbst, in den Handwerksbetrieben, der Landwirtschaft und der Verwaltung. Dazu kommen noch die Bauern, denen wir Land zur eigenständigen Bewirtschaftung überlassen haben. Habe ich damit Ihre Wissbegier befriedigt?"
"Durchaus, durchaus", nickte Ockel. "Fürwahr ein imponierender Besitz, der dem Staat da bisher vorenthalten wurde."
Pater Waldram wollte heftig erwidern, besann sich aber und entgegnete: " Da haben sie recht. Und bisher wurde er auch rentabel bewirtschaftet. Bisher ... Wenn ich die Herren nun zum Rundgang bitten dürfte?"
Er wartete eine zustimmende Antwort nicht ab, sondern schritt zur Tür. Die beiden Herren aus München folgten ihm schweigend.
"Beginnen wir mit dem Gebäude, in dem wir uns gerade befinden", schlug Pater Waldram vor. "Es beherbergt die Räume der Novizen, das Studienseminar für den Priesternachwuchs der bayerischen Benediktiner, die Sommerresidenz des Herrn Abtes und die Gästezimmer."
"Haben Sie viele Gäste?" fragte von Ockel beiläufig.
"Selbstverständlich", lautete die Antwort,
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"hohe und höchste Gäste. Sogar seine kurfürstliche Durchlaucht geruhten hier schon zu verweilen. Ein Kloster von der kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Bedeutung Benediktbeuerns muss seine Beziehungen zu wichtigen Persönlichkeiten pflegen."
Sie traten an eines der hohen Fenster. "Sie müssen wissen", erläuterte Jocher, "dass eine Klosterherrschaft wie die unsere sich fast vollständig selbst versorgen kann. Vieh, Äcker, Wald, Weingärten und Gewässer liefern Lebensmittel und Rohstoffe, die wir auch selbst verarbeiten. So sind wir in vieler Hinsicht unabhängig und können sparsam wirtschaften. Hier sehen Sie zum Beispiel eines unserer beiden Brauhäuser, die Schmiede und die Bäckerei mit der Mühle. Weitere Werkstätten liegen unterhalb des Gästetraktes und am Rand des Klostergartens."
"Wo Sie gerade von Klostergarten sprechen", fiel der Sekretär ein, "da befindet sich ja wohl auch eine Schießanlage. Eine etwas seltsame Einrichtung für ein Kloster, meinen Sie nicht, Hochwürden?"
"Je nun", entgegnete Jocher, ohne sich seinen steigenden Ärger merken zu lassen, "hier üben die Klosterjäger, um sich in ihrer Kunst zu vollkommnen. Und zum anderen: Wollen Sie meinen Mitbrüdern, die ein anstrengendes Leben im Dienste Gottes führen,
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nicht auch ein wenig Zerstreuung gönnen?Ich will Ihnen sogar sagen, dass wir in unserer karg bemessenen Freizeit kegeln und Billard spielen. Vielleicht vermögen Sie auch darin einen Ausdruck unserer Verworfenheit zu erkennen? Ich schlage vor, dass wir jetzt in den Konventbau gehen".
Die drei Männer verließen das Seminar- und Gastgebäude, überquerten den großen äußeren Klosterhof und betraten das eigentliche Zentrum des geistlichen Lebens. Die hohen weiten Gänge mit den großen Bogenfenstern ließen die Anlage des Baus erkennen: Ein Geviert, dessen eine Seite die Kirche bildete, umschloss einen Hof mit einem Wasserspiel in der Mitte.
"Wir sind hier im Kreuzgang, der seinen Namen von den Kreuzprozessionen hat, die in solchen Gängen früher stattfanden. Er schließt die Klausur ab, den engeren Lebensraum der Mönche. Außenstehende haben normalerweise keinen Zutritt", erklärte der Pater.
"Und normalerweise", bemerkte der Sekretär frech, "sollten die Mönche diesen Bereich wohl auch nicht verlassen. Man hat sie aber schon in den umliegenden Wirtschaften gesehen ..."
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