Er soll das Kloster aufheben und allen Besitz mit dem Siegel Seiner Durchlaucht belegt!“ Obwohl Klocker geahnt hatte, dass es so kommen würde, traf ihn die Meldung wie ein Schlag. Eine Zeitlang starrte er dem Hausverwalter ins Gesicht, ohne zu einer Entgegnung fähig zu sein. Schließlich wandte er sich zu Pater Winnerl und sah ihm in die Augen. „Das trifft sich ja seltsam günstig“, sagte er grimmig, „heute, wo ich nicht da bin!“ Der Pater wich seinen Blick aus und wurde rot. „Wenigstens rot wird er noch“, dachte Klocker. Dann winkte er dem Kutscher, lief wortlos zu Kutsche und sprang hinein. Er beugte sich aus dem Fenster, rief Winnerl ein kurzes „Sie bleiben hier!“ zu, und schon ging´s im Trab den Weg zurück, der er gerade erst gekommen war. Regungslos saß der Abt in der Kutsche. Jetzt war es also soweit. Nun war das Ende der alten Klöster gekommen. Hatte der Staat das Recht, all das zu beseitigen, was in tausend Jahren entstanden war? Hatte er vielleicht sogar die Pflicht, um sein weiteres Bestehen zu sichern? Klocker wusste es nicht. Aber niemand konnte ihm verbieten, für sein Kloster zu kämpfen, solange er es vermochte. Er schloss die Augen und lehnte sich zurück in die Polster. Tausend Jahre hatten die Klöster die Geschichte des Deutschen Reiches und des Herzogtums Bayern mitbestimmt.
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Tausend Jahre, in denen auch Benediktbeuern seinen festen Platz hatte. Als Historiker hatte er sich mit jeder ihrer Epochen befasst. Und während er mit jedem Hufschlag weiter in eine ungewisse Zukunft getragen wurde, machte er eine Reise in die Vergangenheit, und tausend Jahre zogen an ihm vorüber...
Arm und ohne gesellschaftliche Bindung in einer Gruppe von Gleich gesinnten leben, unter Anleitung eines Menschen, der Gott besonders nahe schien: Gegen Ende der Antike wollten immer mehr Gläubige auf diese Weise zu Gott finden. In Ägypten wurde das erste Kloster errichtet: eine ummauerte Siedlung, in der Männer nach strenger Regel lebten. Was sie für ihren Unterhalt brauchten, bauten und fertigten sie sich selbst an. Ihr Ziel war, durch Askese und Gebet zum vollkommenen Christentum zu gelangen. Bald fanden sich zu klösterlichen Gemeinschaften zusammen. Sie wählten einen Abt oder eine Äbtissin als Oberhaupt und schufen Regeln, denen sie sich bedingungslos unterwarfen.
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