Das geistige Gepäck: Kunst und Kultur

Mit Flucht und Vertreibung brachen Brauchtum und kulturelles Leben der deutschen Bevölkerung in Ost- und Südosteuropa.

In den ersten Nachkriegsjahren beschränkten die Neubürger ihre Brauchtumspflege auf den Familien- und Bekanntenkreis. Erst in einer zweiten Phase geriet ihr kulturelles Erbe auch in den Blick der Öffentlichkeit. Dies veränderte auch die einheimische Kulturlandschaft. Darüber hinaus förderten vor allem dörfliche Vereine, die Neubürgr in ihre Reihen aufnahmen, aber auch neu gegründete Vereine und Verbände die Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen. Die seit 1949 bestehenden Landsmannschaften sind zunächst Haupträger der breit gefächerten Kulturarbeit der Vertriebenen.

Das Bundesvertriebenengesetz von 1953 verfügt die staatliche Verpflichtung zur Förderung der ostdeutschen Kultur. Getragen wird sie in Bayern, unter anderem vom Haus des Deutschen Ostens in München und der Ostdeutschen Galerie in Regensburg. Das zentrale Denkmal für "Flucht, Vertreibung, Integration" errichtete der Bayerische Staat 1999 in Nürnberg.

Wachsende Bedeutung erlangen in der jüngeren Vergangenheit grenzüberschreitende Projekte staatlicher und privater Art wie Kirchenrenovierungen oder internationale Begegnungen.
Der Verlust der materiellen Grundlagen führte nach der Konsolidierung des Lebensumfeldes zu einer besonderen Beachtung des "geistigen und kulturellen Gepäcks". Brauchtumspflege und Brauchtumserhalt spielten deshalb von Anfang an für die Landsmannschaften eine große Rolle.

Das Brauchtum hatte in den Gebieten Ostund Südosteuropas vielfach unverfälschter überlebt als in den westdeutschen Regionen. Die Vertreibung setzte dieser Entwicklung im Osten Europas ein Ende. Die Neubürger brachten jedoch ihre Traditionen in die Aufnahmegebiete mit und beeinflussten so die Brauchtumslandschaft Westdeutschlands. Dies brachte nicht nur neue Impulse für Bayern, sondern führte auch dazu, dass sich Flüchtlinge und Vertriebene ihrer eigenen Kunst und Kultur intensiv bewusst wurden.

Nach der Öffnung Osteuropas wird sich zeigen, welche kulturellen Traditionen den Weg zurück nach Osten finden werden. Die Vielfältigkeit des kulturellen und künstlerischen Lebens zwingt dazu, für die Ausstellung eine Auswahl zu treffen. Ein Blick auf den Speisezettel, auf Dialekteinflüsse und Lieder machen die Wirkung auf die westdeutsche Alltagskultur deutlich. Aber auch bekannte Künstler und Literaten stammen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten.


Bund und Länder stellen für die Erhaltung und Förderung der ostdeutschen Kultur finanzielle Mittel zur Verfügung. Mehrere Institutionen in Bayern sind auch heute noch Träger dieser Aufgabe. Dazu zählen neben dem Museum Kunstforum Ostdeutsche Galerie (KOG) in Regensburg, das Haus des Deutschen Ostens in München, die Ostpreußische Kulturstiftung in Ellingen, die Stiftung Kulturwerk Schlesien in Würzburg, der Adalbert-Stifter-Verein, das Sudetendeutsche Haus und das Südostdeutsche Kulturwerk in München. Ein besonderes Augenmerk gilt in der Gegenwart auch der Erinnerungskultur. In Denkmälern, Gedenksteinen und Festen soll das Unrecht von Flucht und Vertreibung wach gehalten werden. Im Jahr 1999 wurde auf dem Hallplatz in Nürnberg ein zentrales Denkmal für Flucht und Vertreibung errichtet.