Flüchtlingsverwaltung in Bayern

Die amerikanische Besatzungsmacht forderte von der im Aufbau begriffenen bayerischen Verwaltung Aufnahme und gleichberechtigte Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen.
Zur Bewältigung der anfallenden Aufgaben wurde deshalb noch im November 1945 eine Flüchtlingssonderverwaltung geschaffen.

An ihrer Spitze stand der "Staatskommissar" bzw. "Staatssekretär für das Flüchtlingswesen". Er koordinierte alle Eingliederungshilfen: Umsiedlungsaktionen, Wohnungsbauprogramme und schließlich Soforthilfe und Lastenausgleich. Auf der Ebene der Mittelbehörden sorgten die Regierungskommissare für die Verteilung innerhalb ihres Bezirks.
Für die eigentliche Betreuung waren jedoch die Flüchtlingskommissare in den Landkreisen zuständig. Sie beschlagnahmten den notwendigen Wohnraum und sorgten für die Eingliederung der Vertriebenen in den Arbeitsprozess.
Seit 1950 obliegen die Aufgaben der Flüchtlingsverwaltung sowie die Betreuung der Aussiedler und Ausländer dem bayerischen Sozialministerium.


Der Zustrom Hunderttausender Flüchtlinge unmittelbar nach Kriegsende war eine Belastung, die den verantwortlichen Politikern unlösbar erscheinen musste. Bis Ende 1945 nahmen sich nur karitative Verbände wie das Bayerische Rote Kreuz, die Caritas sowie die evangelische und katholische Kirche des Flüchtlingsproblems an, da die bayerische Regierung überfordert war und die amerikanische Besatzungsmacht jede Unterstützung verweigerte. Mit der Zunahme des Flüchtlingsstroms konnten diese Institutionen die Betreuung der Zugewanderten nicht mehr bewältigen. Um den gewaltigen Bevölkerungszuwachs in den Griff zu bekommen, schuf Bayern als erstes Land der westlichen Besatzungszonen eine Flüchtlingssonderverwaltung.

Diese mit weit reichenden Kompetenzen ausgestattete Flüchtlingsverwaltung blieb allerdings über Jahre hinaus ein Zankapfel der verschiedenen Ministerien. Überdies genossen die Mitarbeiter dieser Behörde nicht immer die Unterstützung der Bevölkerung. Zahlreiche Karikaturen beschäftigen sich nicht nur mit dem zwiespältigen Verhältnis zwischen Einheimischen und Neubürgern, sondern auch mit der Problematik der Verwaltung. In leitender Position fungierte in der Flüchtlingsverwaltung der "Staatskommissar für das Flüchtlingswesen im Bayerischen Staatsministerium des Innern", ab 1947 "Staatssekretär" genannt. Auf Bezirksebene (München, Augsburg, Ansbach, Regensburg und Würzburg) wurden "Regierungskommissare", auf Land- und Stadtkreisebene "Flüchtlingskommissare" eingesetzt.

Die beratenden Gremien der Kommissare auf der untersten Ebene reichten von Wohnungskommissaren bis hin zu ehrenamtlichen Flüchtlingsvertrauensmännern. Gerade unter den Flüchtlingskommissaren, die die konkrete Arbeit am Ort bewältigen mussten, fanden sich auch schillernde Persönlichkeiten. Dies war zweifelsohne einer der Gründe, weshalb nicht wenigen von ihnen von der einheimischen wie von der zugezogenen Bevölkerung Misstrauen entgegengebracht wurde.


Die Flüchtlingsverwaltung war organisatorisch darauf ausgerichtet, die Flüchtlinge unverzüglich auf das Land zu verteilen. Dazu verfügte sie über umfangreiche Rechte in der Wohnraumbewirtschaftung bzw. -lenkung. Die Verteilung der Ausgewiesenen in die verfügbaren Unterkünfte war oft nur unter Zwang durchführbar.


Die Flut der Gesetze und Verordnungen, die die Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen vorantreiben sollten, ist Indiz für die mannigfachen Aufgaben, die zu bewältigen waren. Gerade für die wirtschaftliche Eingliederung er Flüchtlinge und Vertriebenen spielten das Soforthilfegesetz (SHG, "Gesetz zur Milderung dringender sozialer Notstände") vom August 1949 und das umfangreiche Gesetzeswerk über den Lastenausgleich (LAG) die entscheidende Rolle. Obwohl den Vertriebenen über die Hälfte aller Leistungen in den Westzonen zugute kam, waren weder SHG noch LAG auf Flüchtlinge beschränkt; Unterstützung erhielten auch Sach- und Währungsgeschädigte, politisch Verfolgte sowie Spätheimkehrer.