Aufnahme und erste Unterkunft: Lagerleben

Seit der Jahreswende 1945/46 kamen immer mehr Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten vor allem nach Niederbayern und in die Oberpfalz. Die für die erste notdürftige Unterbringung errichteten Lager waren nicht als längerfristige Bleibe gedacht. Mit den Ausweisungstransporten aus dem Sudetenland wurden die Lager jedoch für zahlreiche Vertriebene über Jahre hinaus zur Dauerunterkunft.

In den Grenzdurchgangslagern hielten sich die Vertriebenen nur wenige Tage auf: Sie wurden registriert, medizinisch versorgt und mit den notwendigen Papieren ausgestattet. Anschließend erfolgte ihre Verteilung auf Regierungsbezirke, Kreise und Gemeinden. Hier hatte man Massenquartiere in Turnhallen, Schulen, Gasthäusern, Schlössern, alten Wehrmachtsanlagen und auch in ehemaligen KZ-Baracken eingerichtet.

Die Lebensbedingungen in den Lagern und Notquartieren waren in vielen Fällen unzumutbar. Anfang 1949 lebten in Bayern fast 100 000 Menschen in Massenlagern. Die meisten Flüchtlinge und Vertriebenen wurden jedoch bei Einheimischen eingewiesen. In diesen bedrängten Verhältnissen waren Konflikte oft nicht vermeidbar.

Schon früh nahm die bayerische Regierung die Anregung aus Vertriebenenkreisen auf, die Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen in Schule und Unterricht und damit vor allem bei der jüngeren Generation zu fördern. Der so genannte "Ostkundeunterricht" hatte das Ziel, der einheimischen Bevölkerung Kenntnisse über die Lebensverhältnisse der Deutschen im östlichen Europa in Vergangenheit und Gegenwart zu vermitteln.

Die Vertriebenen mussten vor und nach ihrer Ausweisung mit bürokratischen Hürden kämpfen. Amtliche Unterlagen wie Transportzettel oder Auflistungen über die Besitzverhältnisse geben einen Einblick in den Ablauf der Vertreibung. Nach der Ankunft in Bayern waren zahlreiche Dokumente für Aufnahme, erste Eingliederungsmaßnahmen und als Voraussetzung für den Erhalt von Sozialleistungen sowie Unterkunft und Arbeitsvermittlung notwendig.


Die Verteilung der Flüchtlinge und Vertriebenen auf das in vier Zonen aufgeteilte Deutschland richtete sich nach dem verfügbaren Wohnraum. Mit dem Eintreffen der organisierten Ausweisungsstransporte mussten immer mehr Vertriebene in Lagern untergebracht werden. Manche fristeten über mehrere Jahre hinweg ein unzumutbares Lagerdasein ohne jede Privatsphäre; je länger die Flüchtlinge dort hausten, desto schwieriger wurde ihre Eingliederung.

Die Grenzdurchgangslager in Furth, Wiesau, Piding und Hof-Moschendorf sind von den Regierungslagern und Landkreislagern zu unterscheiden. Für die Lager wurden nahezu alle freistehenden Räumlichkeiten genutzt: Schulen, Schlösser und Burgen, Gasthäuser, ehemalige Reichsarbeitsdienst-Baracken sowie einstige Fremdarbeiterlager, Firmengebäude, in besonderen Fällen wie Waldkraiburg und Neutraubling auch ehemalige Wehrmachtsanlagen und sogar ehemalige Konzentrationslager.

Bei einigen Unterkünften fällt die Austauschbarkeit der Personen ins Auge: Lager für Gefangene bzw. Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes wurden nach dem Krieg zu Unterkünften für Displaced Persons, bevor Flüchtlinge und Vertriebene einzogen. Den Alltag vor allem der Übergangsbewohner prägten vorerst elementare Bedürfnisse wie Essen und Schlafen; die Einrichtung war spärlich. Häufig fanden sich das amerikanische Feldbett und ein Herd auf Bezugsschein in den notdürftigen Unterkünften. Erst bei längerer Verweildauer versuchte man sich etwas behaglicher einzurichten.