Die Weiterleitungsstelle des Landesarbeitsamts Südbayern im Bunker unter Gleis 11
Ein Bericht von Kurt Spennesberger

Auf der Basis zwischenstaatlicher Vereinbarungen wurden Arbeitskräfte für Helfertätigkeiten aus Italien (seit 1955), Griechenland (ab 1960), der Türkei (ab 1961), Marokko (ab 1963) sowie Tunesien (ab 1965) und Jugoslawien (ab 1968) nach Deutschland vermittelt.

Von 1955 bis Mitte der 1960er-Jahre kamen die meisten Gastarbeiter aus Italien, danach nahmen die Anteile der Arbeitskräfte aus Griechenland und Jugoslawien sowie der Türkei deutlich zu. Die Beschäftigung von Gastarbeitern in Deutschland stieg von rund 330000 im Jahr 1960 über 1,5 Millionen 1969 auf 2,6 Millionen zum Zeitpunkt des Anwerbestopps 1973.

Anwerbung und Vermittlung übernahm in den jeweiligen Ländern die Bundesanstalt für Arbeit, die für diese Aufgabe eigene Kommissionen bzw. Verbindungsstellen einrichtete. Das Personal in diesen Dienststellen rekrutierte sich überwiegend aus Mitarbeitern der Bundesanstalt für Arbeit, die hierfür in der Regel für die Dauer von vier Jahren abgeordnet wurden. Sie wurden durch örtliche Kräfte, vor allem für Dolmetscheraufgaben und Schreibarbeiten, unterstützt.

Zur Anwerbung in Italien hatte die Kommission der Bundesanstalt für Arbeit zunächst in Verona, später in Rom ihren Sitz. Die Verbindungsstelle für Griechenland befand sich in Saloniki, in der Türkei in Istanbul, für Jugoslawien in Belgrad mit einer Außenstelle in Zagreb.
Tunesier und Marokkaner wurden durch Dienststellen in Tunis bzw. Casablanca, spanische und portugiesische Gastarbeiter wurden in Madrid und Lissabon angeworben.

Der Bunker diente als Weiterleitungsstelle des Arbeitsamtes Südbayern. Hier wurden die Ankommenden registriert und anhand der Postleitzahl auf dem Arbeitsvertrag auf ihre Anschlusszüge verteilt (Bayerische Staatsbibliothek München, Foto: Felicitas Timpe, 1964). Im Bunker unter Gleis 11 wurden alle Neuanömmlinge verpflegt (Bayerische Staatsbibliothek München, Foto: Felicitas Timpe, 1964).

Das Verfahren zur Anwerbung von Gastarbeitern begann in den deutschen Betrieben, wobei es die namentliche und die anonyme Anforderung gab. Dort wurden überwiegend (ca. 95 %) anonyme Arbeitsverträge erstellt, das heißt, alle Angaben in den Arbeitsverträgen waren ausgefüllt, lediglich die persönlichen Daten zum angeforderten Arbeitnehmer blieben offen.
Diese Daten wurden später bei den Auslandsdienststellen in den Anwerbeländern ergänzt.
Bei der namentlichen Anforderung wurde der Arbeitsvertrag durch den anfordernden Betrieb komplett mit den bereits bekannten persönlichen Angaben des Arbeitnehmers ausgefertigt.