Altsächsisch



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Sächsische Beichte
(MP3, ca. 1100Kb)


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Altsächsisch wird die vom 9. bis 11. Jahrhundert überlieferte Sprache des sächsischen Stammesgebietes genannt. Sie entwickelte sich weiter zum Mittelniederdeutschen, dessen von Lübeck geprägte Variante als Sprache der Hanse im Ostseeraum weit verbreitet war. Seit dem 16. Jahrhundert wurde das Niederdeutsche als Schriftsprache immer mehr durch das Hochdeutsche ersetzt. Heute lebt es nur noch in niederdeutschen Dialekten weiter.



Sächsische Beichte (Original)



Sächsische Beichte (Übersetzung)

Ik giuhu goda alomahtigon fadar endi allon sinon helagon endi theson uuihethon endi thi godes manne allero minero sundiono, thero the ik githahta endi gisprak endi gideda [fan thiu theik erist sundia uuerkian bigonsta.
Ok iuhu ik so huat so ik thes gideda] thes uuithar mineru cristinhedi uuari endi uuithar minamo gilouon uuari endi uuithar minemo bigihton uuari [endi uuithar minemo mestra uuari endi uuithar minemo herdoma uuari endi uuithar minemo rehta uuari].
Ik iuhu nithas endi auunstes, hetias endi bisprakias, sueriannias endi liagannias, firinlustonoendi minero gitidio farlatanero, ouarmodias endi tragi godes ambahtas, horuuilliono, manslahtono, ouaratas endi ouerdrankas: [endi ok untidion mos fehoda endi drank.
Ok iuhu ik, that ik giuuihid mos endi drank nithar got endi minas herdomas raka so negiheldso ik scolda, endi mer terida than ik scoldi.]
Ik giuhu, that ik minan fader endi moder so neeroda endi so neminnioda so ik scolda endi okmina brothar endi mina suestar endi mina othra nahiston endi mina friund so neeroda endi soneminnioda so ik scolda.
[Thes giuhu ik hluttarliko, that ik arma man endi othra elilendia so neeroda endi so neminnioda so ik scolda.]
Thes iuhu ik, that ik mina iungeron endi mina fillulos so nelerda so ik scolda, thena helagon sunnundag endi thia helagun missa nefirioda endi neeroda so ik scolda, [usas drohtinas likhamon endi is blod mid sulikaru forhtu endi mid sulikaru minniu neantfeng so ik scolda,] siakoroneuuisoda [endi im ira nodthurti negaf] so ik scolda, sera endi unfraha netrosta so ik scolda,minan degmon so rehto negaf so ik scolda, gasti so neantfeng so ik scolda.
Ok iuhu ik, that ik thia giuuar the ik giuuerran nescolda, endi thia negisuonda the ik gisuonan solda.
Ik iuhu unrehtaro gisihtio, unrehtaro gihorithano endi unrehtaro githankono, unrehtoro uuordo, unrehtaro uuerko, unrehtaro sethlo, unrehtaro stadlo, unrehtaro gango, unrehtoro legaro,unrehtas cussiannias, [unrehtas helsiannias,] unrehtas anafangas.
So huat so ik thes gideda thes uuithar godas uuillion uuari, so uuakondi so slapandi, so an dag so an nahta, [so an huilikaru tidi so it uuari,] so gangu ik is allas an thes alomahtigon godas mundburd endi an sina ginatha, endi nu duon ik is allas hluttarlikio minan bigihton goda alomahtigon fadar endi allon sinan helagon endi thi godas manna, gerno an godas uuillion te gibotianna, endi thi biddiu gibedas, that thu mi te goda githingi uuesan uuillias, [that ik min lif endi minan gilouon an godas huldion giendion moti].

Ich bekenne vor Gott, dem allmächtigen Vater und allen seinen Heiligen und deren Reliquien und vor dir, Gottesmann, alle meine Sünden, die ich gedacht, gesprochen und getan habe, von da an, da ich zuerst Sünden zu begehen begann (von allem Beginn meines Sündenwerks an).
Auch bekenne ich all das, was ich begangen habe, was gegen mein Christsein war und gegen meinen Glauben und mein Bekenntnis, gegen meinen Herren, mein Ansehen und meine Pflicht.
Ich bekenne Neid, Feindschaft und Missgunst, Gelübde und Verleumdung, Eid und Lüge, sündhafte Begierde und meine nicht eingehaltenen Gebetszeiten, Übermut und Trägheit beim Gottesdienst, Verlangen nach Unzucht, Mord, übermäßiges Essen und übermäßiges Trinken, und auch, daß ich zu Unzeiten Speisen und Getränke zu mir nahm.
Auch bekenne ich, daß ich geweihte Speise und Trank vergeudete und der Rechtschaffenheit meines Ansehens nicht so entsprach, wie ich es hätte tun sollen und mehr davon zehrte, als ich es hätte tun sollen.
Ich bekenne, dass ich meinen Vater und meine Mutter nicht so ehrte und nicht so liebte, wie ich es hätte tun sollen, und dass ich meine Brüder und meine Schwestern und meine übrigen Nächsten und meine Freunde nicht so ehrte und nicht so liebte, wie ich es hätte tun sollen.
Das bekenne ich aufrichtig, dass ich arme Menschen und andere Elende nicht so ehrte und nicht so liebte, wie ich es hätte tun sollen.
Das bekenne ich, dass ich meine Schüler und meine Patenkinder nicht so lehrte, wie ich es hätte tun sollen, den heiligen Sonntag und die heilige Messe nicht so feierlich beging und nicht so ehrte, wie ich es hätte tun sollen, dass ich den Leib unseres Herren und sein Blut mit solcher Furcht und mit solcher Liebe nicht empfing, wie ich es hätte tun sollen, dass ich mich der Kranken nicht annahm und ihnen das Notwendigste nicht gab, wie ich es hätte tun sollen, dass ich die Traurigen und Unglücklichen nicht tröstete, wie ich es hätte tun sollen, dass ich meinen Zehnten nicht so angemessen leistete, wie ich es hätte tun sollen, Gäste nicht so empfing, wie ich es hätte tun sollen.
Auch bekenne ich, dass ich diejenigen entzweite, die ich nicht hätte entzweien sollen, dass ich diejenigen nicht versöhnte, die ich hätte versöhnen sollen.
Ich bekenne unrechtes Sehen, unrechtes Hören und unrechte Gedanken, unrechte Worte, unrechte Werke, unrechtes Sitzen, unrechtes Stehen, unrechtes Gehen, unrechtes Liegen, unrechtes Küssen, unrechtes Umarmen und unrechtes Ergreifen.
[...]
So, wie ich das getan habe, was gegen Gottes Willen war, sei es wachend oder schlafend, sei es am Tag oder in der Nacht, sei es zu welcher Zeit auch immer, so begebe ich mich deswegen in des allmächtigen Gottes Schutz und in seine Gnade, und von nun an handle ich stets aufrichtig gemäß meines Bekenntnisses vor Gott dem allmächtigen Vater und allen seinen Heiligen und vor dir, Gottesmann, eifrig nach dem Gebot des Willen Gottes, und ich bitte dich durch mein Gebet, dass du gewillt bist, für mich bei Gott Fürsprache einzulegen, so dass ich mein Leben und meinen Glauben in Gottes Huld beenden darf.


Edition:
Elias von Steinmeyer (Hrsg.), Die kleineren althochdeutschen Sprachdenkmäler, Berlin – Zürich (2) 1963, S. 318f.