Rheinfränkisch



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Reichenauer Beichte (MP3, ca. 830Kb)


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Der rheinfränkische Dialekt wurde im Raum Mainz, Lorsch, Worms und Speyer geschrieben. Erhalten sind vor allem religiöse Texte, neben der Reichenauer Beichte auch die Mainzer und die Pfälzer Beichte sowie die Rheinfränkische Cantica. Das Gleichnis "Christus und die Samariterin" enthält sowohl rheinfränkische als auch alemannische Dialektmerkmale.



Reichenauer Beichte (Original)



Reichenauer Beichte (Übersetzung)

Íh uuirdu gode almahtdigen bígihdic unde uróuun sancta Mariun unde sancte Mihahle unde sancte Petre unde allen godes heilegon und dír sinemo boden. Uuande ih sundic bin ióh in gidâhtin ióh in dadin ióh in uuordon ióh in uuerkon; ióh in huare ióh in stalu ióh in bisprachidu ióh in nide ióh in abulge ióh in ubarazidu ióh in ubardrunchidu ioh in fluachenne ióh in suerinne. Dero sundono allero ióh anderero manegero so gi ih és domo álmahtdigen góde únde allen sinen heilegon unde dir sinemo boden. Ìh gihu gode almahtdigen, uuanda ih sundic bin, daz íh héilegan sunnundag unde andere héilege daga so negiuiroda nóh so nogeroda, sose got habet gibodan unde min sculd uuari. Íh gihu gode almahtdigen, daz ih mina chirihun so nesuahda duruhc mammendi mines lihamen, noh mine uespera nóh mina metdina nóh mina messa nigiloseda, sose got habet gebodan unde min sculd uuari. Íh gihu gode almahtdigen, daz ih in chirihun únrehtdes dâhda únde unrehda reda deda mit anderemo manne, dáz ih daz godes lóp niuuolda giloson noh anderan niliaz. Íh gihu gode almahtdigen, daz ih daz heilega uuizzud uehoda mit unreinemo lihamen, dáz ih so giréinit niuuas, sose got habet gibodan unde min sculd uuari. Íh gihu gode almahtdigen, dáz ih hungarege niazda, dursdage nigidrancda, siehhero niuuisoda, sose got habet gibodan unde min sculd uuari. Ih gihu gode almahtdigen, daz ih durfdige man ci hus nigiladoda noh den maz noh dranc nigap noh flezzi noh betdi, sose got habet gibodan unde min sculd uuari. Íh gihu gode, daz ih minan uader unde mina muáder unde andere nahiston mine so neminnoda noh so neeroda, sose got habet gibodan unde min sculd uuari. Íh gihu, daz ih mine funtdiuillola so nelerda, sose ih in dâr antheizo uuard. Íh gihu gode, daz ih thie man uuár, thíe ih uuerran niscolda. Íh gihu gode, daz ih minan decemon so neuergalt nóh mines heren sacha so nehialt, sose got habet gibodan unde min sculd uuari. Alles des ih nu gimeinit haben, soso ih iz uuizzantheidi gidadi, soso mir iz bi druncanheidi giburidi, soso mir iz anderes giburidi:

Ich beichte Gott, dem Allmächtigen, und der heiligen Jungfrau Maria und dem heiligen Michael und dem heiligen Petrus und allen Heiligen Gottes und dir, seinem Gesandten. Denn ich bin sündig sowohl in Gedanken als auch in Taten als auch in Worten als auch in Werken; und ebenso der Unzucht, des Diebstahls und der Verleumdung und des Neides und des Jähzorns und der Völlerei und der Trunksucht und des Fluchens und des Schwörens. Diese ganzen Sünden und auch eine Vielzahl weiterer bekenne ich dem allmächtigen Gott und allen seinen Heiligen und dir, seinem Gesandten. Ich bekenne Gott, dem Allmächigen, weil ich sündig bin, dass ich den heiligen Sonntag und andere Feiertage weder so gefeiert noch so geehrt habe, wie Gott es geboten hat und es meine Pflicht gewesen wäre. Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen, dass ich meine Kirche nicht aufsuchte wegen der Bequemlichkeit meines Körpers, noch meine Vesper noch meine Mette noch meine Messe hörte, wie Gott es geboten hat und es meine Pflicht gewesen wäre. Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen, dass ich in der Kirche Unrechtes dachte und Unrechtes redete mit einem anderen, dass ich das Lob Gottes nicht hören wollte noch es den anderen [hören] ließ. Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen, dass ich das heilige Abendmahl mit unreinem Körper verzehrte, dass ich nicht so gereinigt war, wie Gott es geboten hat und es meine Pflicht gewesen wäre. Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen, dass ich Hungrige nicht speiste, Durstige nicht tränkte, Kranke nicht besuchte, wie Gott es geboten hat und es meine Pflicht gewesen wäre. Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen, dass ich Bedürftige nicht nach Hause einlud, noch ihnen Speise oder Trank gab, noch Unterkunft noch ein Bett, wie Gott es geboten hat und es meine Pflicht gewesen wäre. Ich bekenne Gott, dass ich meinen Vater und meine Mutter und meine anderen Nächsten nicht so liebte und ehrte, wie Gott es geboten hat und es meine Pflicht gewesen wäre. Ich bekenne, dass ich meine Patenkinder nicht so lehrte, wie ich ihnen damals Bürge war. Ich bekenne Gott, dass ich die Menschen entzweite, die ich nicht entzweien sollte. Ich bekenne Gott, dass ich meinen Zehnt nicht so bezahlte noch meines Herrn Besitz so bewachte, wie Gott es geboten hat und es meine Pflicht gewesen wäre. Alles, was ich jetzt gesagt habe, ob ich es nun wissentlich tat, ob es mir in Trunkenheit widerfuhr, ob es mir sonstwie widerfuhr:


Edition:
Handschrift Wien, Österreichische Nationalbibliothek 1815
auf den Blättern 13v – 14r.