Verkleinerte Replik des Kaiser-Wilhelm-Denkmals in Nürnberg

Wilhelm von Rümann (1850–1906), 1905
Silber, Marmorsockel, 27 x 11 x 27
Doorn, Stichting Huis Doorn (HuD 1391; Gk. III 3014)

Mit dem Projekt eines Denkmals für den verstorbenen Kaiser Wilhelm I. manövrierte sich die frühere freie Reichsstadt und Sitz der zollerschen Burggrafen Nürnberg in eine politische Klemme, aus der nur die Cleverness des dortigen Bürgermeisters einen Ausweg fand.

 

 

 

Kaiser-Wilhelm-Denkmal


 

 

Wie in anderen Städten Deutschlands bildete sich auch in der ehemaligen Reichsstadt Nürnberg kurz nach dem Tod Kaiser Wilhelms I. (9. März 1888) eine städtische Initiative zur Ehrung des Verstorbenen. Auf dem südlichen Hang des Burgbergs sollte in unmittelbarer Nähe zur Kaiserburg und in der Blickachse einer Hauptstraße ein Denkmal errichtet werden. Das von der bayerischen Verwaltung verschleppte Projekt kam jedoch erst voran, nachdem man dem Prinzregenten die Schirmherrschaft angeboten hatte. Nach weiteren Verzögerungen nahm sich Bürgermeister Georg v. Schuh der Sache an.

Nach längerer Diskussion um einen angemessenen Standort – stadtbeherrschend auf dem Burgberg oder ins Stadtbild integriert auf dem Egidienplatz – fiel die Entscheidung schließlich für den Egidienplatz.

Ein Grund dafür mag die Befürchtung der Honorationen der Stadt gewesen sein, dass die Aufstellung in städtebaulich dominanter Lage den Unmut des bayerischen Königshauses hervorrufen würde.

Den im August 1897 ausgeschriebenen Wettbewerb gewann der Münchner Bildhauer Syrius Eberle (1844–1903), der jedoch vor der Ausführung starb. Wilhelm v. Rümann übernahm den Auftrag und fertigte ein neues Modell, das den Kaiser mit Hermelinmantel, Lorbeerkranz und Marschallstab als Imperator darstellt.

Siebzehn Jahre nach dem Tod des Kaisers fand am 14. November 1905 die Enthüllung statt. Der Prinzregent reiste schon einen Tag früher an um als Landesherr Kaiser Wilhelm II. auf der Kaiserburg zu begrüßen.
Zur Erinnerung erhielten Kaiser und Prinzregent kleine silberne Nachbildungen des Denkmals, das die Nürnberger Firma Lenz in Bronze gegossen hatte.

Eine Karikatur im "Simplicissimus" vom Dezember 1905 zeigt die Geister der früheren zollerschen Burggrafen, die auf dem in nächtliches Dunkel getauchten Egidienplatz um das Denkmal spuken. Der Prinzregent jedoch äußerte sich zufrieden darüber, dass sich "aufs neue ... erwiesen [habe], wie die Liebe und Anhänglichkeit zum angestammten Königshaus mit der Treue zu Kaiser und Reich in allen Bayernherzen auf’s innigste verknüpft" sei.

Dass nicht alle Nürnberger diese Einschätzung teilten, spiegelt ein Flugblatt mit dem Titel "Bayerische Protestworte zur Denkmalsenthüllung Nürnberg 1905" wider: "Ist es ein Ruhm für unsere Stadt / In Begeisterung überzufließen / Für einen Mann, der befohlen hat / Einst auf das Volk zu schießen? / ... Ein geeintes Deutschland, das ist schon recht, / Doch eines ist das Fatale / Es schwärmen die Herren – und das ist schlecht / Zu sehr für die Berliner Centrale. / ... Nürnberg ist eine deutsche Stadt / Wie keine zweite im Reiche; / Wie traurig, wenn jemand die Ansicht hat, / Daß ‚Preußisch‘ und ‚Deutsch‘ – das Gleiche!"

Der Komiteevorsitzende für das Kaiserdenkmal, Bürgermeister v. Schuh, gab auch die Idee eines Prinzregent-Luitpold-Denkmals, dem ein weniger patriotisches als pragmatisch- städteplanerisches Motiv zu Grunde lag, nämlich die Beschleunigung des anstehenden Bahnhofneubaus. Den offensichtlichen Zusammenhang bezeichnete die Münchner Presse als "Speichelleckerei".

Der Prinzregent billigte das Projekt und bestimmte den Bildhauer Wilhelm v. Rümann für die Ausführung. Dessen Entwurf eines Reiterstandbildes des Regenten stellte die Erzgießerei v. Miller aus München innerhalb kürzester Zeit her. Bei der Grundsteinlegung am 1. November 1900 betonte Bürgermeister Schuh, dass "nicht Liebedienerei", sondern "aufrichtige Verehrung" für den "pater patriae" die Motivation für dieses Denkmal gewesen sei.

Zur Enthüllung am 12. März 1901, dem 80. Geburtstag des Prinzregenten, wurden an die Schulkinder 36000 Lebkuchen mit aufgebackenen Gedenkmünzen verteilt und Prinz Rupprecht brachte seinerseits zum Ausdruck, wie sehr man in München Nürnberg zugetan sei, das ja durch die Förderung seines kaiserlichen Vorfahren Ludwigs des Bayern zu einer ersten Blüte gelangt sei – womit der Prinz zugleich unmissverständlich auf die populäre Meinung anspielte, die Wittelsbacher hätten den Hohenzollern zu ihrer späteren Stellung verholfen.