Die Burg zu Nürnberg

Geschenk der Stadt Nürnberg an Kaiser Wilhelm II. 1902
Firma J. C. Wich, Nürnberg 1902
Silber, Wappen emailliert, Marmorsockel, 13,7 x 20 x 12,5
Doorn, Stichting Huis Doorn (1939)

Mit dem Frieden von 1866 erhielten die preußischen Könige ein Wohnrecht auf ihrer "Stammburg" in Nürnberg. Die Burg wurde damit im Kaiserreich zu einem Symbol des Bündnisses zwischen Hohenzollern und Bayern.
Burg zu Nürnberg

Das kleine Modell der Kaiserburg war ein sinniges Geschenk der Stadt Nürnberg an Kaiser Wilhelm II., als dieser am 16. Juni 1902 an der Feier zum 50-jährigen Bestehen des Germanischen Nationalmuseums teilnahm.

Der Kaiser hielt zu diesem Anlass eine Rede, in der er auf die Geschichte seines Hauses und seine Würde als Burggraf Bezug nahm.

Dieser ehrwürdige Titel besaß seit 1866 neue politische Aktualität. In den Friedensverhandlungen von 1866 hatte der geschichtsinteressierte König Wilhelm I. über die preußische Forderung nach Abtretung von insgesamt 17 bayerischen Bezirksämtern in Ober- und Unterfranken hinaus die Übertragung der Nürnberger Kaiserburg gewünscht und dafür eine vage Zusage seines Neffen Ludwig II. erhalten.

Eine rechtsverbindliche Fixierung wussten die bayerischen Unterhändler mit dem Argument abzuwehren, als Staatsgut könne die Burg nur mit Zustimmung des Landtags abgetreten werden. Nach den Erinnerungen des bayerischen Unterhändlers Bray-Steinburg bemerkte dazu der preußische Bevollmächtigte Savigny, "daß es sich nach dem Wunsche und im Sinne des Königs Wilhelm durchaus nicht um eine ,Eigentumserwerbungë handle, sondern lediglich darum, daß er ó bei gelegentlichen Besuchen auf der Burg seiner Väter ó in dieselbe nicht als ein Fremder einzutreten brauche, daß ihm vielmehr die Befugnis zustehen möge, dort als Einheimischer zu wohnen ... Ganz im nämlichen Sinne äußerte sich Graf Bismarck ... Auch er legte den größten Wert darauf, daß dem König Wilhelm in diesem Anlasse, wo es sich um einen durch Familienreminiszenzen berechtigten Wunsch handelt, keine Enttäuschung bereitet werde, während er die rechtsverbindliche Form des königlichen Zugeständnisses in dieser ,reinen Gefühlssacheë als gleichgültig behandelte".

Als Hinweis auf das dem Preußenkönig verbal zugestandene Wohnrecht wehte fortan neben der bayerischen auch die preußische Fahne über der Kaiserburg. Die Zusage Ludwigs II. geriet aber nicht in Vergessenheit und wurde etwa im selben Jahr 1902 von J. Kürschner im Zusammenhang mit der Nürnberg-Reise Wilhelms II. von 1897 paraphrasiert:

"Nachdem der Friede geschlossen und eine feste und dauernde Freundschaft zwischen beiden Häusern und Staaten begründet sei, biete er zum symbolischen Ausdruck hiefür dem König an, die ehrwürdige Burg seiner Ahnen zu Nürnberg gemeinschaftlich mit ihm zu besitzen. Wenn von den Zinnen dieser gemeinschaftlichen Ahnenburg die Banner von Hohenzollern und Wittelsbach vereinigt wehen, möge darin ein Symbol erkannt werden, daß Preußen und Bayern einträchtig über Deutschlands Zukunft wachen ..."

Das Modell belegt also nicht nur sentimentale Verbundenheit der Hohenzollern mit der Burg ihrer Väter, sondern war als Symbol des Bündnisses von Hohenzollern und Wittelsbachern im Reich durchaus von politischer Bedeutung.