"Ein Blick in die Zukunft, oder: In zwei Theile geht’s nicht"

Münchener Punsch, Bd. 17, Nr. 7, 14. Februar 1864, S. 52–53.

Die Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Dänemark 1864 um die staatliche Zugehörigkeit Schleswigs und Holsteins bewirkte eine vorübergehende Annäherung zwischen Preußen und Österreich. Der Karikaturist befürchtet, dass Preußen eine Teilung des Bundesvorsitzes nur zur Durchsetzung der eigenen Interessen benützen und damit den Deutschen Bund ruinieren würde.

Text:
"Ein Blick in die Zukunft, oder: In zwei Theile geht´s nicht.
Lieber Präsidialbruder, da unsere Beziehungen nun besser geworden und unsere Freundschaft durch Blut und Eisen gekittet ist, so werden wir auch die deutsche Reformfrage miteinander in Angriff nehmen. Vor allem: der Vorsitz muß getheilt werden! ------ Hm! So ist´s recht. Jetzt kann keiner mehr sitzen."

 

"In zwei Theile geht´s nicht"


"In zwei Theile geht´s nicht"

Die aus zwei Teilen bestehende Karikatur spielt zunächst auf die Annäherung zwischen Preußen und Österreich im Rahmen ihrer gemeinsamen Politik hinsichtlich der beiden Elbherzogtümer Schleswig und Holstein an.

Dänemark wollte die seit 1815 bzw. 1848 zum Deutschen Bund gehörigen, aber vom dänischen Königshaus regierten Herzogtümer in den dänischen Nationalstaat integrieren; der Deutsche Bund und die deutsche Nationalbewegung waren dagegen.

Preußen und Österreich marschierten am 1. Februar 1864 gemeinsam in Schleswig ein. Des Karikaturisten "Blick in die Zukunft" nimmt den späteren, leicht vorhersehbaren Ausbruch des Krieges vorweg, den Preußen und Österreich gegen Dänemark führten (8. März bis 1. August 1864).

Dass nun "unsere Freundschaft durch Blut und Eisen gekittet" sei, spielt einerseits auf den berühmten Ausspruch Bismarcks an, andererseits auf die Waffenbrüderschaft gegenüber Dänemark. Der Karikaturist prophezeit – im Prinzip zu Recht –, dass Preußen dieses Ereignis ausnutzen werde um die Bundesreform im preußischen Sinne in Angriff zu nehmen.

Er nimmt auch zutreffend an, dass es Preußen dabei nicht ernstlich um die Gleichberechtigung mit Österreich im Bundesvorsitz gehen werde; das hätte preußischer Politik vor Bismarck entsprochen.

Indem der Karikaturist Preußen den Präsidialsessel zersägen und sich befriedigt äußern lässt, dass nun keiner mehr darauf sitzen könne, sieht er die Entwicklung richtig voraus, die zum 1866er Krieg und zur Auflösung des Deutschen Bundes führte.

Bayern, das in der Karikatur nicht vorkommt, ging es vor allem darum, den beiden deutschen Großmächten zu bedeuten, dass sie nicht berechtigt seien, das weitere Schicksal der Elbherzogtümer eigenmächtig zu bestimmen und sich dabei über den Willen des Deutschen Bundes hinwegzusetzen, und später darum, deren Annexion durch Preußen zu verhindern.