Der Brunnenadler
Frankfurt 1742

Doppelköpfiger Reichsadler mit Krone, in den Fängen Reichsapfel, Schwert und Szepter, auf der Brust kurbayerischer Wappenschild
Holz, geschnitzt, farbig gefasst, 150 x 110
Frankfurt, Historisches Museum (X 7)

Der kaiserliche Adler mit dem bayerischen Wappen: Damit wurde ein alter Wunschtraum der wittelsbachischen Politik 1742 für kurze Zeit Wirklichkeit.

  Brunnenadler


 

Im Rahmen des feierlichen Zeremoniells der Kaiserkrönungen wurde ein eigener Weinbrunnen errichtet, aus dem der König von Böhmen, Inhaber der ersten weltlichen Kurwürde und Kurstimme und Erzschenk des Reichs, den Wein an die kaiserliche Tafel brachte.

Nach dem Tod Kaiser Karls VI. übertrug Maria Theresia, die auf Grund der Pragmatischen Sanktion die Nachfolge auch in Böhmen angetreten hatte, die böhmische Kurstimme ihrem Gemahl Franz Stephan.

Nachdem der bayerische Kurfürst Karl Albrecht in der Auseinandersetzung mit Maria Theresia 1742 Prag besetzt hatte und als König von Böhmen selbst die Kurstimme beanspruchte, blieb diese Kurstimme suspendiert; so wurde auch bei der Krönung Karl Albrechts im selben Jahr in Frankfurt das Amt des Erzschenks nicht ausgeübt.

Es ist anzunehmen, dass die besonders prächtige Darstellung des Adlers den Anspruch des neuen Kaisers Karl VII. auf Böhmen nachhaltig dokumentieren sollte. Bemerkenswert ist auch, dass entgegen der sonstigen Krönungsbräuche der Adler nicht dem Kampf um Erinnerungsstücke zum Opfer gefallen ist, sondern durch Ratsbeschluss einer Zunft zur Aufbewahrung übergeben wurde.

Im Allgemeinen stand im Mittelpunkt der Volksbelustigungen am Krönungstag das "Preismachen", das vergnügte, manchmal auch erbitterte Kämpfen um ein Erinnerungsstück. Besonders begehrt waren Holz und Stoff der Brücke, auf der der Kaiser vom Dom zum Römer geschritten war, sowie die anlässlich der Krönung geschlagenen Münzen. Auch die Bratküche und Teile des Weinbrunnens wurden abgebaut.

Der Brunnen bestand aus einem bemalten Brunnenkasten; der prächtige Brunnenadler – mit der Kaiserkrone, in den Fängen Reichsapfel, Schwert und Szepter und auf der Brust das kurbayerische Wappen – war an zwei Stangen befestigt.

Der Wein, rot und weiß, floss aus der Brust des Adlers. Er sollte eigentlich eine Stunde lang für das Volk fließen, doch bei den meisten Krönungen wurde der Weinbrunnen sehr schnell demoliert und die einzelnen Teile davongetragen.