Die Zehn Gebote der französisch-reformierten Kirche

Manufaktur de Claravaux
Schwabach, um 1700
Wirkteppich, Wolle, Seide, gefärbt,
220 x 130
Inschrift: LES DIX COMMANDEMENS DELA LOI DE DIEV ...
REPARE 1738. I [Jean] P[eux].
G[abriel] M[eissonier]. D[avid] P[eux]. RD[umontel]. P

Schwabach, Evangelisch-Reformierte Kirchengemeinde

Die reformierten Kirchen orientierten sich am Alten Testament und hielten sich streng an das biblische Bilderverbot.

 

 

  Zehn Gebote  

Mit der Aufhebung des Edikts von Nantes 1685 wurden die Protestanten in Frankreich als Häretiker verfolgt. Ein großer Teil der Hugenotten, die der reformierten Konfession angehörten, entschloss sich zur Auswanderung.

Die geplante Ansiedlung der französischen Flüchtlinge in Ansbach kam nach dem Tod von Markgraf Johann Friedrich (reg. 1672–1686) nicht mehr zu Stande, 500 Hugenotten wurden daraufhin in Schwabach angesiedelt. Unter ihnen befand sich auch der Teppichwirker Michel de Claravaux, der eine Gobelinmanufaktur gründete, aus deren Produktion der Wirkteppich mit den Zehn Geboten stammt.

Da die reformierte Tradition die Verwendung religiöser Bildwerke und Kunstgegenstände getreu dem alttestamentlichen Bilderverbot ablehnt, wurden die nüchtern gehaltenen Kirchenräume der Reformierten gelegentlich mit religiösen Texten ausgeschmückt.

Auf dem vermutlich von den Schwabacher Teppichwirkern gestifteten Gobelin sind zwei Gebotstafeln zu sehen, die neben einer Zusammenfassung der Gesetze durch Jesus (Matth. 22, 37–40) den Text der Zehn Gebote in vollständiger Fassung (2. Mose 20,2–17) enthalten, also auch die Formulierung des Bilderverbots, die in lutherischen und katholischen Katechismen gewöhnlich fehlt. Anlässlich einer Reparatur im Jahr 1738 fügten die beteiligten Schwabacher Teppichwirker ihre Initialen ein, darunter Vater und Sohn Jean und David Peux, die zu dieser Zeit Älteste der reformierten Gemeinde waren.

Zu dem Gobelin existiert ein Gegenstück mit dem Text des Glaubensbekenntnisses, das auf Grund der ähnlichen Machart wohl zur selben Zeit entstanden ist. Es zählt zu den wenigen – bisher nicht bekannten – signierten Wirkteppichen aus Schwabacher Produktion. Die Signaturen "M[ichel] de Claravaux", "LT" und "IP" lassen vermuten, dass der Gobelin vom Manufakturgründer selbst begonnen und nach seinem überraschenden Tod von den späteren Manufakturleitern Leonard Tellier und Jean Peux vollendet worden ist.