Markgrafenfenster im Chor von St. Sebald/Nürnberg

Entwurf: Hans von Kulmbach (um 1480–1522)
Ausführung: Veit Hirsvogel (1461 bis 1525)
Nürnberg, 1515
Glas, je 108 x 43

Die acht Söhne Markgraf Friedrichs d.Ä. waren die ersten Angehörigen der fränkischen Hohenzollern, die mit der Reformation konfrontiert waren. Albrecht (als Hochmeister des Deutschordensstaates Preußen) und Georg der Fromme (in den fränkischen Gebieten) setzten die Reformation durch.

 

 

Markgrafenfenster, St. Sebald

Albrecht

 

Das Markgrafenfenster in der Nürnberger St. Sebald-Kirche ist eine Stiftung Markgraf Friedrichs V. Den Entwurf Hans von Kulmbachs setzte Veit Hirsvogel um, wobei er in vielen Punkten von der Vorlage abwich. Die Reihenfolge der dargestellten Personen folgt mit Ausnahme der Markgrafen Johann Albrecht und Johann dem Entwurf. Eine Verwechslung der beiden Scheiben könnte auch bei Restaurierungsarbeiten entstanden sein.

Markgraf Friedrich V. (1460–1536) stammte aus der zweiten Ehe Albrecht Achilles’ mit Anna von Sachsen. Nach der Teilnahme an verschiedenen kaiserlichen Kriegszügen trat er 1486 die Regierung in Ansbach und 1495 auch in Kulmbach an. Seine Herrschaft fand ein abruptes Ende, aIs ihn 1515 seine Söhne Kasimir, Georg und Johann auf der Plassenburg festsetzten und zur Abdankung zwangen. Als Grund für den Sturz gaben sie an, dass ihr Vater dem Wahnsinn verfallen sei. Friedrich d.Ä. starb, nachdem man ihn 1527 befreit hatte, 1536 in Ansbach.

Seiner Ehe mit Sophia (1464–1512), Tochter des polnischen Königs Kasimir IV., entstammten 17 Kinder, von denen 13 das Erwachsenenalter erreichten (das Markgrafenfenster zeigt die acht Söhne des Paares). Sophia starb 1512 und wurde wie später ihr Mann in Heilsbronn beigesetzt.

Die Söhne Friedrichs und Sophias bildeten die erste Generation der fränkischen Markgrafen, die, mit der Reformation konfrontiert, auf Grund ihrer politischen Verantwortung oder als geistliche Würdenträger Stellung beziehen mussten. Die Lebenswege der acht Markgrafen sind ihrer von Umbrüchen geprägten Epoche entsprechend von großer Verschiedenheit.
Kasimir (1481–1527), der älteste Sohn, trat als Kanonikus in Augsburg, Bamberg, Würzburg und Mainz zunächst eine geistliche Laufbahn an. Er kehrte jedoch in den weltlichen Stand zurück und übernahm 1515 mit seinen Brüdern Georg und Johann die Regierung. Als Erstgeborener dominierte er die Politik in Ansbach und Kulmbach, wenngleich bei gewichtigen Entscheidungen das Einverständnis der Brüder erforderlich war.

In den Ruf, ein grausamer Herrscher zu sein, geriet Kasimir, als er nach der Niederschlagung der Bauernunruhen von 1525 in Kitzingen fast 60 Aufständische blenden ließ. Der Markgraf stand als Diplomat und Feldherr in kaiserlichen Diensten. Der großen politischen Herausforderung seiner Zeit, der Reformation, stellte sich Kasimir nicht; einer klaren Entscheidung in der Konfessionsfrage ging er aus dem Weg. Kasimir war mit Susanne, der Tochter des Herzogs Albrecht IV. von Bayern, verheiratet. Aus dieser Ehe stammte der berüchtigte Markgraf Albrecht Alcibiades. Kasimir starb 1527 während des Ungarn-Feldzugs König Ferdinands.

Nach dem plötzlichen Tod Kasimirs übernahm Georg (1484–1543) die Regierungsgeschäfte. Als Zweitgeborener war er wie seine jüngeren Geschwister für die geistliche Laufbahn bestimmt. Georg hielt sich ab 1505 am Hof seines Onkels Wladislaus, König von Böhmen und Ungarn, auf, verließ aber dann den geistlichen Stand und heiratete 1509 die reiche Witwe Beatrix von Frangepan. Das enorme Erbe, das Georg durch den baldigen Tod von Beatrix zufiel, ermöglichte dem Markgrafen den Erwerb der schlesischen Herzogtümer Jägerndorf, Oppeln und Ratibor. Sein Regierungsantritt in Ansbach und Kulmbach entschied die religiöse Auseinandersetzung zu Gunsten der reformatorischen Bewegung. Ausschlaggebend für Georgs zielstrebiges Vorgehen war nicht zuletzt seine persönliche religiöse Einstellung, die ihm in der protestantischen Geschichtsschreibung den Beinamen "der Fromme" eintrug.

Die "Brandenburg-Nürnbergische Visitationsordnung" von 1528 und die "Brandenburg-Nürnbergische Kirchenordnung" von 1533 stellten die wichtigsten Schritte zur Einführung der Reformation in den Markgraftümern dar. Georg half auch auf Reichsebene die Geschicke der lutherischen Partei vorwärts zu treiben. So entstand die Speyrer Protestation, eine Beschwerdeschrift evangelisch gesinnter Stände gegen das im Reichstagsschluss von 1529 festgelegte Verbot in religiösen Belangen Änderungen vorzunehmen, unter der Mitarbeit Georgs und seines Kanzlers Vogler.

Auf dem Augsburger Reichstag von 1530 gehörte Georg neben sechs weiteren Reichsständen zu den Unterzeichnern der "Confessio Augustana". So unumstößlich Georgs religiöse Überzeugungen auch waren, seine Politik richtete sich dennoch nie offen gegen den Kaiser. Er versuchte, wie vormals Kasimir, zwischen den Parteien vermittelnd zu wirken; im Gegensatz zu seinem Bruder gelang es ihm jedoch seiner Politik ein klares Profil zu geben. Georg starb 1543 in Ansbach.

Albrecht (1490–1568), auf der Abbildung des Markgrafenfensters am Hochmeisterkreuz des Deutschen Ordens auf der Brust zu identifizieren wirkte als Domherr zu Würzburg. Seiner Teilnahme an den Italienfeldzügen Kaiser Maximilians folgte 1511 die Wahl zum Hochmeister des Deutschen Ordens. Dafür waren wohl seine guten Verbindungen über seine Mutter nach Polen und sein ungetrübtes Verhältnis zum Haus Habsburg ausschlaggebend. In den Jahren von 1522 bis 1525 hielt sich Albrecht meist in Nürnberg auf, wo er sich unter dem Einfluss des evangelischen Predigers Andreas Osiander der Reformation zuwandte.

Nach seiner Rückkehr nach Königsberg wandelte Albrecht das Ordensland in das weltliche Herzogtum Preußen um. Am 10. April 1525 nahm Albrecht Preußen als polnisches Lehen entgegen. Grundzüge einer fürstlichen Herrschaft waren bei Albrecht schon vor Luthers Auftreten zu spüren. Dass dies jedoch bis zur Säkularisation des Ordensstaates führen würde, ist auf den Einfluss Luthers und Melanchthons zurückzuführen. Die Durchführung von Kirchenvisitationen und der Erlass einer Kirchenordnung festigten in Preußen die Reformation.

1549 holte der Herzog Osiander nach Königsberg, der bald mit den Theologen der neu gegründeten Universität in religiöse Auseinandersetzungen geriet, die ein Eingreifen Albrechts erforderlich machten. Die Tatsache, dass die Politik des Herzogs auf Konfliktvermeidung ausgerichtet war, verdeckt Albrechts kriegerisches Naturell. So betrieb er Studien zu einem umfassenden Feldzug gegen die Türken, den er allerdings aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in die Tat umsetzen konnte. In seinen beiden letzten Lebensjahren war der Herzog geistig und körperlich stark geschwächt.

Durch die Änderung der bereits festgesetzten Nachfolge zu Gunsten seines Schwiegersohns Johann Albrecht von Mecklenburg provozierte er ein Eingreifen Polens und setzte damit die politische Handlungsfreiheit seines Landes aufs Spiel. Albrecht starb 1568 und wurde im Dom zu Königsberg beigesetzt.

Markgraf Johann (1493–1525), der vierte Sohn Friedrichs des Älteren, steht im Markgrafenfenster auf Grund einer Verwechslung erst an sechster Stelle. Nach der von ihm mitinitiierten Absetzung des Vaters begab er sich in den kaiserlichen Kriegsdienst. Dies war neben der geistlichen Laufbahn eine der wenigen Möglichkeiten für die nachgeborenen Geschwister der Herrscher eine adäquate Versorgung zu erlangen.

Am Hof Karls I. in Spanien machte er sich durch seine Bemühungen um die Bewerbung Karls zum Kaiser verdient und wurde zum kaiserlichen Generalkapitän ernannt. Über seinen weiteren Lebensweg ist wenig bekannt. Angeblich erlangte er durch die Heirat mit Germaine de Foix, der Witwe König Ferdinands, die Würde eines Vizekönigs von Valencia. Ebenso spekulativ ist wohl die Behauptung, er sei vergiftet worden.

Mit der reformatorischen Bewegung wurde Johann auf Grund der räumlichen Distanz nicht direkt konfrontiert. Auf eine Anfrage Kasimirs hin, wie man am spanischen Hof zur Reformation stehe, antwortete Johann 1525, er habe von der neuen Lehre noch nichts gehört. Auch seine Räte wüssten nicht, wie man sich in dieser Angelegenheit zu verhalten habe. Johann warnte jedoch seinen Bruder vor einem Konfessionswechsel, da er – Kasimir – dadurch beim Kaiser in Ungnade fallen würde.

Markgraf Friedrich (1487–1536) war seit 1511 Dompropst zu Würzburg. Er ist im Markgrafenfenster am traditionellen Gewand der Chorherren zu erkennen. Friedrich gilt als strikter Verteidiger der alten Lehre. Er wehrte sich vehement gegen die von seinem Bruder Georg und dessen Kanzler Vogler eingeführten kirchlichen Neuerungen. Mehrmals ermahnte er den regierenden Markgrafen, seinen ungestüm und unvorsichtig agierenden Kanzler, den "Buben" Vogler, zu maßregeln.

Noch unter Kasimirs Regierung übersandte der Dompropst 1526 eine gegen seinen Erzfeind Vogler gerichtete Anklageschrift nach Ansbach, als deren Folge wohl der vorübergehende Sturz des Kanzlers zu sehen ist. Friedrich zeichnete sich auch durch kriegerisches Talent aus. 1525 verteidigte er die Feste Marienberg in Würzburg gegen die aufständischen Bauern. 1536 reiste Friedrich mit seinem Bruder Johann Albrecht nach Rom um dort den kaiserlichen Einzug zu verfolgen. Noch im selben Jahr zog er als Heerführer mit den Truppen des Kaisers gegen König Franz I. an die französische Grenze. In dieser Zeit erkrankte er und starb nach mehrwöchiger Krankheit in Genua.

Markgraf Wilhelm (1498–1563) ist in der untersten Reihe des Markgrafenfensters auf der heraldisch rechten Seite dargestellt. Sein Lebensweg vollzog sich in enger Anlehnung an seinen Bruder Albrecht von Preußen, der ihn 1520 als Mitglied in seine Regentschaft aufnahm. Versuche, für Wilhelm eine eigenständige Versorgung zu finden, scheiterten an seiner schwachen Gesundheit.

1529 endlich berief ihn der Erzbischof von Riga zu seinem Koadjutor. Dieser Schritt steht in engem Zusammenhang mit der Livland-Politik Albrechts. Der preußische Herzog hoffte durch die Förderung der Reformation in Livland seinen Einflussbereich erweitern zu können. Zu diesem Zweck verfolgte er die Berufung seines Bruders zum Koadjutor des Erzbischofs von Riga, dessen Nachfolge Wilhelm 1539 antrat.

Obwohl sich die Reformation in Livland letztlich durchsetzen konnte, vereitelten die ständige Opposition der Stadt Riga und des livländischen Deutschordensmeisters und die ungeschickte Politik Wilhelms Albrechts Vorhaben. 1556 geriet der völlig zermürbte Wilhelm sogar in Gefangenschaft des Deutschen Ordens und musste mit Hilfe des polnischen Königs wieder befreit werden. Wilhelm starb 1563 und fand in der Domkirche zu Riga seine letzte Ruhestätte.

Markgraf Johann Albrecht (1499 bis 1550), im Markgrafenfenster an vierter Position, trat 1545 die Nachfolge seines Onkels, des Kardinals Albrecht von Brandenburg, als Erzbischof von Magdeburg und Bischof von Halberstadt an. Er war der letzte katholische Bischof dieser beiden Bistümer.

Schon als Koadjutor des Kardinals stand er in ständigen Auseinandersetzungen mit den reformatorischen Kräften in Halle. 1548 musste er außerhalb der Stadt residieren und konnte erst durch das Eingreifen des Kaisers zurückkehren. Johann Albrechts Nachfolge trat Markgraf Friedrich, der Sohn des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II., an. Der Magdeburger Bischofsstuhl war auch in der Folgezeit immer wieder von Hohenzollern besetzt.

Gumbert (1503–1528), jüngstes Kind Friedrichs d.Ä. und Sophias, wurde durch die Nomination seines Bruders Friedrich Domherr und später auch Dompropst in Würzburg. Seit 1521 lebte er als Kämmerer Papst Leos X. in Rom. Bei einer Plünderung der Stadt geriet er in Gefangenschaft und wurde nach Neapel gebracht, wo er kurz darauf starb. Er ist in der kleinen Kirche San Pietro begraben.

 


Markgrafenfenster, St. Sebald

Georg