Szenen der öffentlichen Belehnung des Burggrafen Friedrich VI. von Zollern am 18. April 1417 während einer Pause der Sessionen auf dem Konzil zu Konstanz

Aus: Ulrich Richentals Chronik des Konzils zu Konstanz (Abschrift)
Konstanz, um 1464
Handschrift/Papier, 225 Bl., 39 x 29
Konstanz, Rosgartenmuseum

(Hs 1)

1415/17 wurde Burggraf Friedrich VI./I. mit der Mark Brandenburg belehnt. Dieses am Rand des alten Reiches gelegene "Entwicklungsland" besaß eine der sieben Kurstimmen und damit bei der deutschen Königswahl politisches Gewicht.

 

Belehnung Friedrichs VI. von Zollern

Belehnung Friedrichs VI. von Zollern
Belehnung Friedrichs VI. von Zollern
Belehnung Friedrichs VI. von Zollern

 

In Konstanz, das während des dorthin einberufenen Konzils (1414 bis 1418) für dreieinhalb Jahre nicht nur zum Mittelpunkt des Heiligen Römischen Reichs sondern der ganzen katholischen Welt geworden war, versammelten sich auch die geistlichen und weltlichen Fürsten des Reichs. Für König Sigismund bot es sich an in einer Pause zwischen den Sessionen im Sommer 1417 eine Reihe anstehender Belehnungen vorzunehmen.

Die zweifellos folgenreichste davon war die Übertragung von Kurwürde und Mark Brandenburg an den Nürnberger Burggrafen Friedrich VI., die Sigismund zweifellos als Abtrag der Dankesschuld an den Zollern wegen dessen Hilfe bei der Königswahl vornahm.

Schon 1411 hatte der König einer märkischen Deputation versprochen dem durch Adelsfehden schwer verheerten Land mit dem Burggrafen einen umsichtigen Hauptmann zu geben. Politische Rücksichten Sigismunds auf seinen Bruder Wenzel führten dazu, dass Friedrich das ihm als Statthalter anvertraute Land erst 1412 aufsuchen konnte. Bis 1414 hatte er die Hauptsitze der fehdefreudigen Quitzow und Rochow gebrochen und einen ersten Frieden gebracht.

Die wohl schönsten Darstellungen aus der um 1465 entstandenen Konstanzer Handschrift der Chronik des Ulrich von Richental, der um die Konzilszeit in der Bodenseestadt gelebt hat, zeigen – neben der Abholung des Burggrafen und des Königs aus ihren Herbergen – den Belehnungsakt, ebenfalls nach Parteien getrennt. Den dargestellten Einzelmoment hat es als solchen freilich nie gegeben, die Bilder zeigen Aufeinanderfolgendes simultan. Richental bringt dazu eine (in den einzelnen Handschriften abweichend über-
lieferte) Beschreibung der Zeremonie, die wohl zuverlässig ist.

Der 18. April 1417 begann mit dem feierlichen Umritt der Gefolgsleute des nunmehrigen Markgrafen. Gegen drei Uhr nachmittags holten die Beteiligten Friedrich zum Oberen Markt ab, wo vor dem Haus "Zu dem hohen Hafen" eine geschmückte Tribüne errichtet worden war. Der eigentliche Belehnungsakt ist auf zwei Teilszenen einzugrenzen. In Gegenwart zweier Kurfürsten mit Reichsapfel und Szepter steht Herzog Ludwig von Bayern hinter dem König und berührt, zum Zeichen der jetzt wirksamen göttlichen Herrschaft, mit der Spitze des königlichen Schwertes den Nacken des Königs. Friedrich kniet gegenüber und hat das dem König vorher übergebene Banner, Symbol für die Übertragung von Herrschaft, bereits wieder empfangen. Hinter ihm ist ein kniender Fahnenträger mit dem Zollernbanner sichtbar, während die Musikanten schon das Ende der Feierlichkeiten verkünden.

Die Belehnung war also sowohl ein juristischer wie sakraler Akt. Lehensfähig war nur, wer ritterbürtig war und ein rittermäßiges Leben führte. Zur Begründung eines Lehensverhältnisses war die Leistung von Mannschaft (homagium) und Treueid (Lehenseid, Hulde) nötig. Der Vasall verpflichtete sich alles zu unterlassen, was seinem Lehensherrn schaden könnte, und ihm mit "Rat und Tat" zur Seite zu stehen. Auch der Herr war zu Treue verpflichtet, was aber nicht eigens durch Eid bekräftigt wurde.

Die Belehnung fand als persönlicher Akt in der Öffentlichkeit statt, meist unter freiem Himmel, weltliche Reichsfürsten wurden meist mit einer oder mehreren Fahnen investiert. Durch die Belehnung erhielt der Lehensmann nicht wirkliches Eigentum (dominium directum) an einem Objekt, sondern ein Untereigentum (dominium utile) oder Besitz- und Verfügungsrecht. Dieses konnte bei Verfehlungen gegen die Lehenspflicht entzogen werden (Felonieprozess). Dass dies nicht nur reine Rechtstheorie war, sondern bei politisch opportunen Fällen noch im 17. Jahrhundert auch gegen Reichsfürsten eingesetzt werden konnte, zeigt das zeitweise Vorgehen gegen Brandenburg-Ansbach während der kaiserlichen Sequester im September/Oktober 1634.