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Bayern & Preußen - Klischee und Karikatur
Der Bayer "sitzt tag und nacht bei dem wein, schreit, singt, tanzt,
kartspilt;
mag we[h]r tragen, schweinspieß und lange messer. Grosse und überflüssige
hochzeit, totenmal und kirchtag haben ist êrlich und unsträflich,
reicht kainem zu nachtail, kumpt kainem zu übel."
(Der Bayer Aventin über "den" Bayern, 1526)
"Die Norddeutschen (mit wenigen Ausnahmen) verachten und hassen
die Südteutschen, glauben sich weit vor ihnen voraus, und werden
nie den herzlichen, unbefangenen Sinn derselben zu erfassen und zu schätzen
wissen. Wenn es ihnen gelingt (wovor Gott sey) unsere üppige Lebensfülle
mit ihrer nördlichen Kälte und Steifheit zu ersticken, so ist
unser Vaterland unwiederbringlich zu Grunde gerichtet."
(Der Bayer von Aretin über die "Preißn", 1810)
Die literarisch tradierten Vorurteile über Bayern und Preußen
verfestigten sich im 19. Jahrhundert in Bildern. Zunächst spiegelten
Karikaturen in satirischen Zeitschriften nur die politische Auseinandersetzung
um die deutsche Einigung. Erst die nach 1866 aufkochenden Ressentiments
und das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Mentalitäten im Zuge
des beginnenden Fremdenverkehrs machten die Gegenüberstellung von
Idealtypen attraktiv für Karikaturisten und gebildetes Publikum.
Die Mehrzahl der Karikaturen entstand in Bayern, die Mehrzahl der Karikaturisten
aber kam aus dem Norden. Das liberale Klima Bayerns in der Prinzregentenzeit
zog Oppositionelle und Intellektuelle nach München, die dort in verschlüsselter
Form Kritik am wilhelminischen Reich äußerten. Daher scheint
die Sympathie der Karikaturisten überwiegend bei den grob, aber unverdorben
dargestellten Bayern zu liegen.
Die bis heute lebendigen Klischeevorstellungen von bayerisch-preußischen
Mentalitätsgegensätzen sind durch die Typenkarikaturen der Zeitschriften
"Jugend" und "Simplicissimus" oft erst formuliert
worden.
Der schlaksige "Preuße" tritt bevorzugt als "Sommerfrischler"
auf, der trotz aller Überheblichkeit in das exotisch erscheinende
bayerische Leben eintauchen will. Seine Versuche, "bayerische"
Attribute und Verhaltensweisen zu kopieren, enden in unfreiwilliger Komik.
Der bierbäuchige, kurzbeinige "Bayer" erscheint ungehobelt
und schwerfällig. Preußische Belehrungsversuche kontert er
souverän.
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