|
Das Neue Bayern: Nation und Stämme
Das Bündnis mit Frankreich in napoleonischer Zeit machte Bayern zu
einem der Gewinner der großen Umwälzungen am Ende des Alten
Reichs. Aus dem durch innere Schwäche und die Begehrlichkeit Österreichs
gefährdeten Kurfürstentum wurde ein modernes, gefestigtes Königreich.
Das Staatsgebiet war 1815 bei der Gründung des Deutschen Bundes weit
nach Franken und Schwaben ausgedehnt, Enklaven waren beseitigt, Teile
der Pfalz wiedergewonnen. Das Ende des alten Reiches und Napoleons Gnade
hatten Bayern 1806 Königswürde und Souveränität gebracht,
Reformen ohne Rücksicht auf alte Rechte ermöglicht. In einer
"Revolution von oben" wurden neue Maßstäbe staats-
und zivilrechtlicher Ordnung gesetzt: gleiche Rechte, gleiche Pflichten,
gleiche Lasten für alle Stände, Unterscheidung zwischen Dynastie
und Staat, Trennung von Justiz und Verwaltung, Neuordnung der Verwaltungsstrukturen.
Mit der Verfassung von 1818 wurde Bayern in eine konstitutionelle Monarchie
umgewandelt. Die Integration der Franken und Schwaben und das Verhältnis
zu den anderen deutschen Staaten gehörten zu den wichtigsten Problemen
in der Frühzeit des Königreichs.
Die Verfassung von 1818 leistete Entscheidendes für das Zusammenwachsen
von "Alt-" und "Neubayern"; sie rief einen "Verfassungspatriotismus"
hervor. Allerdings nahmen die Reformer unter dem ersten König, Max
I. Joseph, wenig Rücksicht auf historische Gegebenheiten und regionale
Traditionen: Alle Untertanen sollten sich gleichmäßig als Angehörige
einer bayerischen Nation fühlen und "den alten Provinzial-Geist"
verlieren.
Vom "teutschen" Geist der Befreiungskriege geprägt war
hingegen der zweite König, Ludwig I. Er betrachtete Deutschland als
sein "größeres", Bayern als sein "engeres"
Vaterland und gliederte sein Reich in die vier deutschen "Stämme"
der Bayern, Franken, Schwaben und Pfälzer. Die Sympathie für
die deutsche Einigkeit führte allerdings nicht zu staatlicher Einheit,
wie es die Befreiungskämpfer erhofft hatten: "Teutscher Bund,
nicht Reich", war Ludwigs Devise. Zum Zusammenhalt der Deutschen
sollte aber auch der Zollverein von 1834 beitragen, zu dessen Initiatoren
Ludwig I. zählte.
|
|
|