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142 B

Daubenkrug mit Zinnmontierung

Martin Scherb | Regensburg, 1683 |Weichholz mit

Zinneinlagen, Zinndeckel, H. mit Heber 22cm,

Ø (Boden) 18cm | Regensburger Zeichen und

Meistermarke (Hintze, Bd.6, 1061) | Historisches

Museum Regensburg (K 1931/68)

Österreich galt seit dem späten 14. Jahrhun-

dert die so genannte „Nürnberger Probe“

(zehn Teile Zinn, ein Teil Blei) – eines der

ältesten „Reinheitsgebote“ der deutschen

Wirtschaftsgeschichte. Stempelzeichen ga-

rantierten die Güte des Materials.

Da gute Zinnlegierungen nicht kor-

rodieren und relativ lange die Temperatur

von Speisen und Getränken halten, wurde

Zinn auch gern für Trinkkrüge verwen-

det. Einfache Zinnkrüge konnten hölzer-

ne oder Keramikkrüge ersetzen. Außerdem

bot der Werkstoff die Möglichkeit für

vielfältige Verzierungstechniken. Ein Bei-

spiel dafür ist der Porträtkrug, den der

Regensburger Zinngießer Daniel Über-

schar 1697 schuf: Im Zentrum ist ein junger

Herr im Harnisch dargestellt, von Blatt-

motiven gerahmt. Unterschiedliche Gra-

vurtechniken schaffen eine abwechslungs-

reiche Oberfläche; der seidige Glanz des

Zinns wird dabei vielfach gebrochen.

Im späten 17. Jahrhundert hat das

Regensburger Zinngießerhandwerk viele

Meisterleistungen hervorgebracht. Mög-

licherweise spielte hier auch das Reprä-

sentationsbedürfnis im Umfeld des Im-

merwährenden Reichstags eine Rolle. An

einer eigentlich im Oberfränkischen, in

der Kulmbacher Gegend, beheimateten

Technik orientierte sich der Regensburger

Zinngießermeister Martin Scherb 1683. Er

schuf einen prächtigen Daubenkrug mit

Jagdmotiven. Solche Daubenkrüge oder

auch „Lichtenhainer Krüge“ bestehen ei-

gentlich aus verpichten Holzdauben, in die,

ähnlich einer Intarsienarbeit, Ornamente

und Figuren aus ausgeschnittenem und

teilweise graviertem Zinnblech eingelegt

sind. Henkel und Deckel sind in gravier-

tem Zinn gearbeitet.Derartigen Kombina-

tionen von Zinn mit anderen Materialien

sollte auch die Zukunft der Bierkrüge ge-

hören:Glas und Keramik mit angegossenen

Zinndeckeln.

P.W.

Lit.:

Hintze, Zinngießer;Wolf/Gerstl, Glanz, bes. S.139,

141, 218f. und passim

07 Bierberühmtheiten und Bierschätze

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